Vorwort

Das Gesetz zur Förderung des Freiwilligen ökologischen Jahres (FöJ) ist am 23. Dezember 1993 in Kraft getreten. Damit wurde die rechtliche Grundlage für eine bundesweite Einführung dieses jugend- und bildungspolitischen Angebots geschaffen. Voraussetzung für einen solchen Schritt waren dreijährige Modellprojekte mit wissenschaftlicher Begleitforschung in den Ländern Niedersachsen und Baden-Württemberg. Der Abschlußbericht über das Modellprojekt Niedersachsen (1988 - 1991) wurde bereits im Herbst 1991 vorgelegt.[1 ]Über das zeitlich versetzte Modellprojekt Baden-Württemberg (1990 - 1993) gibt nachstehender Abschlußbericht Auskunft.

Bei der Vorbereitung der wissenschaftlichen Begleitforschung für das FöJ-Modellprojekt Baden-Württemberg war zunächst der Gedanke erwogen worden, diese völlig unabhängig von anderenorts durchgeführten Untersuchungen vorzunehmen. Doch nicht nur aus Kostengründen wurde von dieser Absicht wieder Abstand genommen. Um eine Vergleichbarkeit des Befragungsmaterials zu erlangen, hat die wissenschaftliche Begleitforschung die von einer niedersächsischen Wissenschaftlergruppe unter der Leitung von Frau Prof. Dr. Erika Schuchardt gesetzten Untersuchungsziele, Schwerpunkte und Methoden übernommen. Wir erweiterten jedoch die Teilnehmerbefragung um Fragenbatterien zu den Items "gesellschaftliches Problembewußtsein" und "menschliches Zusammenleben". Des weiteren wollten wir noch ein differenzierteres Persönlichkeitsbild von den Teilnehmern durch Fragen zu Introversion und Extraversion gewinnen.

Über das erste FöJ (1990/91) Baden-Württemberg hat die wissenschaftliche Begleitforschung schon 1991 einen Zwischenbericht vorgelegt.[2] Diesem folgte 1992 ein etwas knapper gehaltener Zwischenbericht mit einer ausführlichen Datendokumentation über das zweite FöJ (1991/92).[3] Der Abschlußbericht bezieht sich auf alle drei Jahre, wobei er - sofern sich die Zahlen nicht auf das letzte Jahr beziehen - das kenntlich macht.

Ergänzend zu den drei Berichten ist das durch zahlreiche Erhebungen gesammelte Datenmaterial maschinenlesbar zusammengefaßt und damit auch für weitere Forschungsarbeiten der Wissenschaftlergruppe zugänglich.[4]

Im Unterschied zu dem mehr historisch-funktional bestimmten Abschlußbericht der niedersächsischen Begleitforschung wird im folgenden das FöJ Baden-Württemberg stärker in die Lebenszusammenhänge der Jugendlichen gestellt. So erklärt sich ein eigener Abschnitt über die Jugend. Dem schließen sich Kapitel über den Teilnehmerkreis, die Einsatzstellen und die Seminare an, um anschließend die der wissenschaftlichen Begleitforschung gestellte Frage zu beantworten, ob das FöJ eine sinnvolle jugend- und bildungspolitische Maßnahme darstellt. Zugunsten der Behandlung inhaltlicher, pädagogischer und jugendsoziologischer Probleme wurde bewußt darauf verzichtet, sich auch noch mit institutionellen und finanziellen Themen zu beschäftigen.

Da ich während des 2. FöJ als Gastprofessor an der TU Dresden lehrte, war ich in besonderer Weise auf die Eigeninitiative, Unterstützung und Zuarbeit durch die Mitglieder des Forschungsteams, dem Soziologen Dr. phil. Helmuth Sagawe und Dipl. Sozialwissenschaftler Hasan Akbari angewiesen. Daraus ergab sich eine auch auf den folgenden Seiten zum Ausdruck kommende Arbeitsteilung. Während Herr Dr. Sagawe im wesentlichen das 1. Kapitel "Rahmenbedingungen" verfaßt hat und an der Endredaktion beteiligt war, sind die Kapitel "Teilnehmer" und "Einsatzstellen" weitgehend Herrn Akbari zuzuschreiben. Von mir stammen die Ausführungen über die Seminare und das Schlußkapitel. Hinter alledem steckt eine oft mühevolle Kleinarbeit: Erhebungsinstrumente waren zu entwickeln und zu verbessern, Einsatzstellen und Seminare zu besuchen, Gespräche mit Teilnehmern zu führen, Literatur und Daten auszuwerten. Zu allem hat Hasan Akbari viel beigetragen. Er führte die grundsätzlichen Auswertungen und Analysen mit dem Statistik-Analysesystem (SAS) durch und lieferte so das empirische Material und die Ergebnisse zu diesem Bericht. Für all das habe ich beiden Mitarbeitern zu danken.

Mein Dank gilt auch den FöJ-Teilnehmern. Obwohl sich manche von ihnen innerlich dagegen sträubten, den neugierigen Blicken einer Befragung ausgesetzt zu werden, beantworteten sie in der Regel sachgerecht und vollständig unsere recht ins Detail gehenden Fragebögen. Sie schufen damit erst die Voraussetzung einer empirischen Untersuchung. In meinen Dank habe ich aber auch die Einsatzstellen, die Landeszentrale für politische Bildung und den FöJ-Beirat einzubeziehen. Einsatzstellenbesuche vermittelten dem Forschungsteam wichtige persönliche Begegnungen und aufschlußreiche Einblicke in engagiertes ökologisches Wirken.

Mit den Vertretern der Landeszentrale - vor allem mit Abteilungsleiter Konrad Pflug und Seminarleiterin Erika Halder - wurden nicht wenige thematisch anregende und sachlich aufklärende Gespräche geführt. Und die Damen und Herren des FöJ-Beirates haben die Tätigkeit der wissenschaftlichen Begleitforschung durch Anregung und Kritik bereichert.

Wenn wissenschaftliche Begleitforschung mehr als ein ritueller Akt sein soll, so rechtfertigt sich ihre aufwendige Existenz vor allem damit, dem politisch Handelnden Entscheidungshilfe zu leisten. Denkt man dabei an den Gesetzgeber, so kommen wir mit diesem Abschlußbericht zu spät. Wie eingangs vermerkt, ist erfreuerlicherweise im Dezember 1993 das FöJ-Förderungsgesetz in Kraft getreten. Dieses überläßt es den Ländern, ob sie ein solches einrichten oder fortführen wollen. Die Landesregierung Baden-Württemberg hat sich dazu schon am 7.6.1993 entschlossen. Mit dem auf den Schlußseiten dieses Berichts abgedruckten Votum "FöJ ja, weil" bzw. "FöJ ja, aber" möchten wir noch nachträglich jene bestätigen, die im vergangenen Jahr für den Erhalt dieses neuen jugend- und bildungspolitischen Angebots eingetreten sind. Wir hoffen jedoch, daß unser Abschlußbericht weniger der Legitimation als vielmehr der Verbesserung des FöJ dienen wird. In den vergangenen Jahren wurde schon viel an politischem Willen, persönlichem Engagement, pädagogischem Einfühlungsvermögen und finanziellen Mitteln in das FöJ gesteckt. Wie bei jedem anderen pädagogischen Bemühen lohnt es sich aber auch hier, erneut nachzudenken über seine Ziele, seine Zusammensetzung und seine Inhalte. Dazu will der Abschlußbericht einen Beitrag leisten.

Heidelberg, den 4. März 1994

Prof. Dr. Herbert Schneider

Leiter der wissenschaftlichen Begleitforschung