1.3.4. Jugend und Familie

Trotz der Lockerung familiärer Bande und der Abnahme ihres Einflusses gegenüber der Jugend spielt die Kernfamilie immer noch eine wichtige Rolle bei der Bestimmung der beruflichen und sozialen Identität ihrer Kinder und Jugendlichen. Zudem nimmt die - finanzielle - Abhängigkeit von der Familie angesichts längerer Ausbildungszeiten tendenziell wieder zu, was zur Verunsicherung und Belastung der Jugendlichen, aber auch der zugehörigen Familien führt. Die Belastung wird verstärkt, wenn Kinder und Jugendliche der Erwartungshaltung der Eltern nicht entsprechen und die von ihnen gesteckten Bildungsziele nicht erreichen konnten. Es wird deutlich, daß die Eltern selbst bei Wegfall der Wohn- und Lebensgemeinschaft noch immer die zentrale Bezugsgruppe darstellen, die nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern auch aus Statusgründen am Erfolg ihrer Kinder interessiert ist. Infolgedessen bildet das Nicht-Erreichen oder auch nur die Gefährdung des Erreichens von Bildungszielen in der Familie ein hohes Konfliktpotential. Jugendliche sind insofern immer der Belastung und dem Risiko ausgesetzt, erwünschte Leistungen nicht zu erbringen. Dies Phänomen zeigt sich besonders im mittleren Bildungsbürgertum. Die Statussicherung der Familie im Kontext der Abschlußzertifikate kann sich zumal bei stark prestigebeladenen Bildungsabschlüssen schwierig gestalten.

Nach der Darstellung der verschiedenen Aspekte des Jugend-Daseins soll abschließend der Versuch unternommen werden, die Belastungen des Jugendalters in ihrer Relevanz zusammenzufassen: Es scheint, daß die Phase der Jugend heutzutage im Gegensatz zu vergangenen Jahren von sehr ambivalenten Zügen geprägt ist. Auf der einen Seite haben Jugendliche durch die Änderung von Familienstrukturen und traditionellen Beziehungen sehr viel an individueller Wahl- und Entscheidungsfreiheit hinzugewonnen. Dies bedeutet andererseits jedoch eine Verunsicherung bei der allgemeinen Lebensorientierung, zumal den Jugendlichen vielfach neue soziale und sicherheitsstiftende Normen und Verhaltensmuster fehlen. Dies führt dazu, daß die Phase der Jugend sich durch ein großes Maß an psychischer Belastung auszeichnet. Hinzu kommt die Verunsicherung durch Katastrophen- und Endzeitprophezeihungen, hervorgerufen durch Medien und Gruppenmeinungen, denen sich der Jugendliche kaum entziehen kann.