Medienerziehung und Medienpädagogik

 

Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie, 1996

Die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsfärderung (BLK) hatte schon 1987 ein Gesamtkonzept für die informationstechnische Bildung gebilligt, das eine zusammenfassende Betrachtung und Bewertung der informationstechnischen Bildung in Schule, Ausbildung, Hochschule und Weiterbildung durch Bund und Länder enthält. Das Gesamtkonzept war Grundlage der Erarbeitung und Weiterentwicklung länderbezogener Konzepte zur Einbeziehung der neuen Informations- und Kommunikationstechniken in den Unterricht. In diesem Gesamtkonzept finden sich schon erste, noch zurückhaltende Aussagen zur Medienerziehung. BLK, Materialien zur Bildungsplanung und zur Forschungsfärderung, Heft 44, Medienerziehung in der Schule -Orientierungsrahmen, Bund-Länderkommission für Bildungsplanung und Forschungsfärderung, Bonn 1995.

 

Medien sind heute integrativer Bestandteil gesellschaftlicher Wirklichkeit; sie gehören zum Alltag von Familie und Schule. Medien sind Miterzieher geworden. Sie kännen Kommunikation erleichtern und bieten Orientierung an. Medien greifen Themen des gesellschaftlichen Lebens auf und wirken sich so stark auf die persönliche Lebensgestaltung schon in früher Kindheit und Jugend aus, daß Bildung und Erziehung in Elternhaus und Schule tiefer und unmittelbarer als frher betroffen sind.

Die insbesondere ber die elektronischen Medien an Kinder und Jugendliche herangetragenen Informationen, Probleme und Wertorientierungen berdecken in ihrer Wirkung oft die Bedeutung familialer Erziehung und schulischer Bildung. Es muá deshalb von einer veränderten Bildungssituation, d.h. auch von veränderten Lernvoraussetzungen und Lernmäglichkeiten in der Schule ausgegangen werden.

Die Schule hat bisher der Medienvielfalt Rechnung zu tragen versucht

- durch eine systematische Einbeziehung von Presse, Rundfunk und Film sowie der elektronischen Medien in den Unterricht und die Gestaltung des Schullebens,

- durch das Bemhen, die traditionelle Lesekultur zu stärken,

- durch die Einfhrung der informations- und kommunikationstechnischen Grundbildung mit dem Ziel, Vertrautheit und Sicherheit im Umgang mit den elektronischen Medien aufzubauen,

- durch eine verstärkte inhaltliche Auseinandersetzung mit den Botschaften der Medien.

Elektronische Medien haben auch die Berufswelt und damit die Formen beruflicher Kommunikation nachhaltig verändert. Vernetzte Computer- und Videosysteme sind nicht nur Werkzeug und Arbeitsmittel, sondern zugleich berufliche Kommunikationsmedien, die den Berufsalltag durchdringen und hineinwirken bis in private Lebensbereiche. Mit dem erweiterten Einsatz von Computern - und knftig vermehrt auch multimedialer Systeme - nehmen Simulationen und Modellbildungen unterschiedlicher Art in vielen Berufen zu und ersetzen Realbegegnungen. Berufliches Handeln geschieht vielfach in einer äComputerweltä. Interaktionen werden indirekter und elektronisch-digital vermittelt.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung bestehen Chance und Aufgabe der Schule darin, die Nutzungs- und Gestaltungsmäglichkeiten der Medien in ihrem Wert anzuerkennen, sie zugleich in ihren Wirkungen durchschaubar zu machen und diese ggf. zu korrigieren. Die Medienwelt und der von ihr ausgehende Bildungseinfluá sowie die von der Schule verantworteten Bildungsprozesse sollten zusammengesehen werden. Schule und Medien mssen ihre je eigenen und spezifischen Funktionen im Bildungsgeschehen erkennen und wahrnehmen.

Medienerziehung in der Schule soll dazu beitragen, für den alltäglichen Umgang mit den elektronischen Medien äMedienkompetenzä und äMedienkulturä entfalten zu helfen, die der Lesekultur an Differenziertheit und Tragfähigkeit entsprechen.

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2. Soziale und technische Entwicklungsperspektiven

Die rasche Entwicklung der Medienwelt mit ihren technischen Mäglichkeiten wird durch folgende Tendenzen bestimmt:

- Innovation

Kennzeichnend für die Medienentwicklung sind ständige Erneuerung und technische Perfektionierung des Angebots. Lieáen sich bisher gräáere Perioden unter dem dominierenden Einfluá einzelner Medien unterscheiden - z.B. des Films, des Radios, des Fernsehens, des Computers - so werden solche Phasen aufgrund der stärkeren Integration aller Medien durch andere Entwicklungsmerkmale abgeläst. Orientiert an den Gesetzen des Marktes werden ber die Produktion neue Wnsche erzeugt. Sich auf dem jeweils letzten technischen Stand zu befinden, wird honoriert durch ein hohes Sozialprestige, kann aber auch eine spezifische Abhängigkeit vom Konsumangebot erzeugen.

- Integration

Das Stichwort Multimedia kennzeichnet das Zusammenwachsen der zum Teil noch getrennten Medien Fernsehen, Computer, Videospiel, Telefon. Damit eräffnet sich die Mäglichkeit, jederzeit frei zwischen unterschiedlichen Medienformen zu wählen oder sie sogar gleichzeitig abzurufen. Neben der Verfgbarkeit der Information erhäht

sich auch die Mäglichkeit, Abläufe und Zusammenhänge anschaulich zu präsentieren. Textinformationen zu einem laufenden Film lassen sich auf den Bildschirm rufen und

auch weitervermitteln. Gerade diese Wählbarkeit erfordert Kompetenz im Auswahlverhalten gegenber diesen An- geboten.

- Interaktivität

Interaktivität in der Mediennutzung reicht von der immer besseren Abrufbarkeit jeder jemals gespeicherten Text-, Bild-, Film- oder Toninformation bis hin zur eigenen Gestaltung und Beeinflussung von Medienangeboten. Damit wird der Nutzer, je nach Situation, Empfänger oder Sender oder interagierender Kommunikationspartner für einzelne oder viele Mediennutzer sein kännen.

- Impression

Die ber Medien vermittelten Eindrcke werden immer realistischer. So simuliert ävirtual realityä eine nichtmediale Wirklichkeit auf den Ebenen visueller Dreidimensionalität, Akustik und Haptik. Zugleich ist der Einstieg in den Mikrokosmos mäglich, z.B. in Form von äwalkthroughsä durch den Kärper. Damit erweitert sich die erfahrbare Umwelt um ganz neue Dimensionen. Es verschwimmen aber zugleich die Grenzen zwischen realen und ber Medien vermittelten Sinneseindrcken und Erfahrungen.

- Individualisierung

Das Fernsehen war und ist ein klassisches Massenmedium. Allerdings erreichen nach Vervielfachung der Kanäle nur noch wenige Programme gleichzeitig ein groáes Publikum. Hinzu kommt, daá Interaktivität und Integration immer spezifischere, vom einzelnen zu bestimmende Nutzungsweisen erzeugen, wodurch die Wahrscheinlichkeit gemeinsamer

Medienerfahrungen für viele geringer wird. Andererseits bilden sich entlang ähnlicher Nutzungsmuster neue kommunikative äSubkulturenä und Netzwerke heraus. Sie haben jedoch mit dem Gesamtpublikum nur noch wenig Verbindung.

- Internationalisierung

Die Perfektionierung der Kommunikationsnetze verändert soziale Strukturen. So sind z.B. Gruppen, die sich zusammengehärig fhlen, nicht mehr angewiesen auf geographische Nähe. Es bilden sich neue mediale Gruppen heraus, die auch nationale Grenzen berschreiten kännen. Dieses Moment der Internationalisierung kann als Chance gesehen werden. Kritisch zu beobachten bleibt aber, ob durch Ausstattung, technische Kompetenz und eigene Sprachcodes verbundene Gruppen nicht zu Ausgrenzungen tendieren und so neue Vorurteilsstrukturen schaffen.

Medienerziehung kann sich - gerade wenn sie die technische Entwicklung bercksichtigt - in ihren Zielen nicht orientieren am Aufkommen oder an der Dominanz bestimmter Medien, z.B. des Fernsehens. Sie muá so konzipiert werden, daá sie nicht neu geschrieben zu werden braucht, wenn sich die Angebotsstrukturen verändern. Einer der wichtigsten Bezugspunkte der Medienerziehung ist vielmehr, ob und ggf. wie relativ konstante Bedrfnisse der Nutzer, z.B. das Bedrfnis nach Zuwendung, nach sozialer Anerkennung, nach Orientierung und Sicherheit, durch Medienangebote spezifische Prägungen oder qualitative Veränderungen erfahren. In diesem Sinne sollte Medienerziehung so angelegt sein, daá sie die Veränderung auf dem Mediensektor zwar begleitet und einbezieht, dies aber tut auf der Basis einiger grundlegender Prinzipien, die sich an der Vorstellungswelt und den Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen orientieren.

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3. Konsequenzen für Bildung und Erziehung

Das aktuelle Medienangebot und die absehbare Entwicklung der Medienwelt bedeuten eine erhebliche Veränderung der Bildungs- und Erziehungssituation in Familie, Schule und Jugendarbeit.

In den Alltag vieler Kinder, Jugendlicher und junger Erwachsener sind Medien ganz selbstverständlich integriert; junge Menschen kennen in der Regel wenig Vorbehalte gegenber neuen Medienangeboten und nehmen sie in ihre Erlebnis-, Gestaltungs- und Informationswelt auf.

Die Medienbotschaften bestimmen knftig stärker als heute mit, welche Themen Menschen für wichtig halten, mit welchen Problemen sie sich auseinandersetzen, für welche Bewertungen und Urteile sie sich entscheiden, welchen gesellschaftlichen und politischen Gestaltungsvorstellungen sie zugänglich sind. (tm)ffentliches Leben und politisches Verhalten sind ohne Bercksichtigung des Einflusses von Presse und Fernsehen nicht mehr denkbar.

Mehr noch als der Informationswert der Medieninhalte spielt der Erlebnisgehalt der Medienereignisse eine Rolle. Unter den Freizeitaktivitäten haben Mediennutzung und Medienerlebnis einen hohen Stellenwert.

Dabei sind die von den Medien ausgehenden Anregungen unbersehbar. Die Ausweitung der Informationsmäglichkeiten und die zunehmend in der Verfgbarkeit des einzelnen liegenden Informations-, Bildungs- und Erlebnischancen ermäglichen die Erfahrung selbstgesteuerter Lernprozesse und kreativer Aktivitätsformen.

Ambivalent gesehen werden muá, daá Medienereignisse für Kinder und Jugendliche oft einen häheren Stellenwert gewinnen als Ereignisse aus der unmittelbaren Umgebung und der ärealen Weltä. Dabei verspricht die Medienwelt angesichts einer Umgebung, in der oft Spiel- und Bewegungsräume fehlen, Abenteuer und Entdeckungen, sie scheint gewohnte oder veränderte Familienstrukturen, fehlende gemeinsame Aktivitäten sowie reale Nähe und Zuwendung ersetzen zu kännen.

Die šbergänge zwischen nichtmedialen, d.h. realen Erfahrungen und den medialen Erfahrungen werden flieáend. Dies kann zu einem Bedeutungsverlust der direkten Realitätserfahrungen und zu einem šbergewicht indirekter und vermittelter Erfahrungen fhren. Die Medienwelt liefert in scheinbarer Perfektion, was dem wirklichen Leben erst abgewonnen werden máte, und läát so die Realität zum Teil als reizlos erscheinen.

Verhaltensnormen und soziale Reaktionsformen vieler Kinder und Jugendlicher geraten unter den Einfluá medienbstimmter Muster. Dies kann Verhaltensweisen stärken oder scheinbar

legitimieren, die gegen die Verhaltensregeln in einer de- mokratischen Gesellschaft verstoáen und nicht den Normen eines sozial verantwortlichen Handelns entsprechen.

Weltbilder und Zukunftserwartungen von Kindern und Jugendlichen speisen sich vielfach aus den ihnen in den elektronischen Medien begegnenden Leitbildern individuellen Wohlergehens und gesellschaftlichen Verhaltens.

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4. Medien und Schule

Der durch die technischen Mäglichkeiten entscheidend gesteigerte Einfluá der elektronischen Medien in vielen Lebens- und Gestaltungsbereichen ist weitgehend unbestritten. Unterschiedlich ist die Bewertung dieser Entwicklung.

Sie reicht von einer kulturpessimistischen Betonung der Gefahren bis zu einer berwiegend positiven Beurteilung der von den Medien ausgehenden neuen Mäglichkeiten persänlicher und gesellschaftlicher Lebensgestaltung.

Medienerziehung in der Schule kann weder von der einen noch der anderen Position allein ausgehen. Sie muá die rasche technische Entwicklung, Medienfaszination und me-

dialen Gestaltungsmäglichkeiten ebenso in Rechnung stellen

wie Gefährdungen und Risiken, die aus Nutzung und Wirkung der elektronischen Medien resultieren kännen.

Medienerziehung sollte sich aus dieser Grundspannung der Entwicklung heraus verstehen. Dabei werden vor allem die für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen und ihre Persänlichkeitsbildung im Vordergrund stehenden Widersprchlichkeiten bestimmend sein mssen:

- die ganz erhebliche Ausweitung der wahrgenommenen Welt einerseits, die Einschränkung der unmittelbaren und sinnlichen Erfahrung von Realität sowie der komplexen Wahrnehmung von Dingen, Situationen und Menschen andererseits;

- die Begegnung mit unterschiedlichen Verhaltensformen und Verhaltensnormen im Sinne einer pluralen Welterfahrung, einer vielfältigen gesellschaftlichen und persänlichen Lebensgestaltung einerseits und die Schwierigkeit der Beurteilung unterschiedlicher Handlungs- und Wertmuster sowie die Gefahr der Orientierungslosigkeit andererseits;

- die Intensivierung von Erlebnismäglichkeiten und die Konfrontation mit komplexen, problembezogenen Situationen einerseits, die Gefahr einer Flucht in Scheinwelten und die Vermeidung von Entscheidungssituationen, die für die eigene Lebensgestaltung und die Wahrnehmung sozialer Verantwortung wichtig sind, andererseits.

Ziel einer auf diese Widersprche hin orientierten Medienerziehung ist die äMedienkompetenzä des einzelnen als Bestandteil allgemeiner und beruflicher Bildung sowie die äMedienkulturä als Ausdruck eines aufgeklärten Nutzungsverhaltens.

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II. Leitvorstellungen und Rahmenbedingungen

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1. Medienerziehung im Erziehungs- und Bildungszusammenhang

Medienerziehung ist als schulische Aufgabe im Zusammenhang mit den allgemeinen und verbindlichen Erziehungs- und Bildungsvorstellungen zu sehen. Geht man von dem Grundgesetz und den Länderverfassungen aus, so hat das Recht auf freie Entfaltung der Persänlichkeit in sozialer Verantwortung als Leitidee für den Erziehungs- und Bildungsbereich zu gelten. Nimmt man bildungspolitische Auslegungen und fachliche Konkretisierungen hinzu, so kann als allgemeine Leitvorstellung für Erziehung und Bildung ein sachgerechtes, selbstbestimmtes und kreatives Handeln in sozialer Verantwortung postuliert werden. An dieser Leitvorstellung muá sich auch die Medienerziehung orientieren und zugleich messen lassen.

Sachgerechtes, selbstbestimmtes, kreatives und sozialverantwortliches Handeln ist in einer von Medien beeinfluáten Welt an bestimmte Bedingungen gebunden:

- an die Lebenssituation und das kommunikative Umfeld der Kinder und Jugendlichen,

- an ihre Bedrfnisse und Emotionen,

- an ihren Wissens- und Erfahrungsstand sowie

- an das Niveau ihrer Urteilsfähigkeit und ihres Wertbewuátseins.

Kinder und Jugendliche, die aus ihrer Lebenssituation heraus Zuneigung, Achtung und Geltung erfahren haben, kännen eher eine positive emotionale Entwicklung durchlaufen als Kinder und Jugendliche, die in ihrer Umwelt kaum Zuneigung, Achtung und Geltung finden. Wer auáerdem aufgrund seines Wissens- und Erfahrungsstandes Informationen und Unterhaltung in ihren unterschiedlichen Formen einschätzen kann, wird eher sachgerecht und selbstbestimmend mit den

Medien umgehen als jemand, der nicht ber solche Kenntnisse verfgt. Jugendliche, die Handlungsalternativen gedanklich verarbeiten kännen und diese nicht nur aus egozentrischer Perspektive oder im Hinblick auf bestimmte Gruppen bewerten, sondern auch mit Blick auf gesellschaftliche und demokratische Erfordernisse, werden Medien kreativer und sozialverantwortlicher nutzen als Jugendliche, die nur wenig Färderung ihrer Urteilsfähigkeit und ihres Wertbewuátseins erfahren haben.

Fr die Medienerziehung hat dies zur Folge, daá sie von der Lebenssituation, von den kommunikativen Bedingungen, von der Bedrfnislage sowie vom jeweils gegebenen Entwicklungs- und Erfahrungsstand ausgehen muá.

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2. Erlebnis- und Handlungsorientierung als Prinzipien

Medienerziehung soll für Kinder und Jugendliche Erlebnis- und Handlungsmäglichkeiten schaffen. In diesem Sinne sind die Erlebnisorientierung und die Handlungsorientierung als bergreifende Gestaltungsprinzipien der Medienerziehung anzusehen. Erlebnisorientierung bedeutet, daá durch Medienerziehung auch Sinne und Gefhle angesprochen werden

sollen; Handlungsorientierung verweist darauf, daá Medienerziehung auf gegenwärtiges und zuknftiges Handeln gerichtet sein soll, z.B. in Form von aktiven Problemläse-, Entscheidungs-, Beurteilungs- und Gestaltungsprozessen.

Die Entwicklung von Erlebnis- und Handlungsorientierung ist mit folgenden allgemeinpädagogischen Orientierungen verknpft:

- Situationsorientierung: Ausgangspunkt für die Medienerziehung sollen Situationen aus der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen sein; das zu Lernende soll auf gegenwärtige oder zuknftige Lebenssituationen bezogen werden.

- Erfahrungsorientierung: Kinder und Jugendliche sollen die Chance haben, ihre bisherigen Erfahrungen in medienerzieherische Prozesse einzubringen und dadurch neue Erfahrungen zu machen.

- Bedrfnisorientierung: Die mit der Mediennutzung verbundenen Bedrfnisse von Kindern und Jugendlichen sollen ernstgenommen werden.

- Kommunikationsorientierung: Medienerziehung soll in kommunikativer Weise gestaltet werden und zu einer Erweiterung der Mäglichkeiten personaler und medialer Kommunikation fhren.

- Entwicklungorientierung: Medienerziehung muá vom jeweiligen Stand der intellektuellen und sozialen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen ausgehen und deren Weiterentwicklung färdern.

Auf der Basis dieser Orientierungen geht es um die Anregung und Untersttzung der Kinder und Jugendlichen bei der Mediennutzung, bei der Verarbeitung von Medieneinflssen, bei der Unterscheidung und Analyse von Medienaussagen so- wie bei der Medienproduktion mit dem Ziel einer eigenständigen Mitgestaltung der Medienkultur.

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3. Medienerziehung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Medienerziehung ist nicht nur eine schulische Aufgabe. Sie muá gleichermaáen vom Elternhaus, von der Sozial- und Kulturarbeit mit Kindern und Jugendlichen sowie von den Produzenten und den Medieninstitutionen geleistet werden. Medienerziehung kann darber hinaus nur dann erfolgreich sein, wenn Gesellschaft und Politik Rahmenbedingungen schaffen, die zu einer kinderfreundlichen und jugendgerechten Gestaltung der Lebenswelt und der Medienlandschaft

fhren. Medienerziehung erfordert die Verantwortung aller am Erziehungsgeschehen Beteiligten. Im Hinblick auf unterschiedliche Aufgaben lassen sich folgende Akzentuierungen feststellen:

- Der Familie bzw. den unmittelbaren Bezugspersonen fallen die Verantwortung für den Medienzugang, die Entwicklung von Handlungsalternativen und ein genereller Vorbildcharakter für das Medienverhalten zu. Wichtig ist dabei das offene Gespräch ber Medienerlebnisse.

- Die Schule hat ihre Aufgabe bei der Sicherung des Wissens- bzw. Erfahrungsstandes, bei der Erweiterung der Handlungsmäglichkeiten sowie bei der Färderung von Urteilsfähigkeit und Wertbewuátsein.

- Der Sozial- und Kulturarbeit mit Kindern und Jugendlichen fallen Aufgaben der Erweiterung kultureller Erfahrungs- und Handlungsmäglichkeiten zu. Die Vielfalt der Aktivitäten in diesem Bereich sowie die Freiwilligkeit der Teilnahme eräffnen gute Chancen zur Entfaltung von Kreativität und zur Einfluánahme auf das Verhalten von Kindern und Jugendlichen.

- Produzenten und Medieninstitutionen tragen die zentrale gesellschaftliche Verantwortung für das Programmangebot insgesamt und für die Bereitstellung eines entwicklungsfärdernden Kinder-, Jugend- und Bildungsprogramms. Sie haben die Verpflichtung, das allgemeine Programm so zu gestalten, daá von ihm keine gefährdenden bzw. ungnstigen Einflsse auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen ausgehen. In diesem Sinne muá für Journalisten die Beachtung berufsethischer Grundsätze eingefordert werden.


Im Zusammenwirken der verschiedenen Institutionen hat die Schule als eine für alle verpflichtende Bildungseinrichtung ihren besonderen Stellenwert. Dieser gewinnt an Bedeutung, wenn die Familie - auch aufgrund des sozialen Wandels und veränderter Familienstrukturen - ihre Erziehungsfunktionen nicht angemessen wahrnehmen kann, wenn Kinder und Jugendliche von der Sozial- und Kulturarbeit nicht erreicht werden und wenn das Programmangebot der Medien nicht verantwortungsbewuát genug gestaltet wird.

Vor diesem Hintergrund werden im folgenden die Aufgaben der Schule bei der Medienerziehung in den Mittelpunkt gestellt.

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4. Medienerziehung und schulische Organisation

In der Schule steht die Medienerziehung in Wechselbeziehung zu Arbeitsbedingungen, die für die Schule als Institution gelten.

(1) Die Schule ist weitgehend durch Fächer- oder Lernbereichsstrukturen gekennzeichnet. Medienerziehung wird in der Regel kein eigenständiges Fach und kein eigenständiger Lernbereich sein. Dies hat zur Folge, daá

Medienerziehung - wenn sie nicht auf Sonderveranstaltungen, z.B. Wahlunterricht, Arbeitsgemeinschaften oder Projektwochen beschränkt bleiben soll - im allgemeinen Unterricht geleistet werden muá. Dafr gibt es in der Regel Richtlinien und Lehrpläne. Im Deutschunterricht werden z.B. neben schriftlichen Texten auch audiovisuelle Produkte behandelt, im Kunstunterricht kännen u.a. Fotocollagen und eigene Videofilme produziert werden, der Musikunterricht ist auf eine Thematisierung des auáerschulischen Musikkonsums ausge-

richtet, und im gesellschaftswissenschaftlichen Unterricht werden Bedingungen der Nachrichtenproduktion, -verbreitung und -rezeption behandelt. Die genannten Fächer eignen sich als Leitfächer für die Mediener-

ziehung. Allerdings weisen medienerzieherische Fragestellungen in der Regel ber Fächergrenzen hinaus. Deshalb mssen fachliche Arbeitsansätze zugunsten fächerbergreifender Fragestellungen erweitert werden.

(2) Die Schule ist nach Jahrgangsklassen sowie Schulformen und Bildungsgängen gegliedert. Medienerziehung muá - auch aus entwicklungspsychologischen Grnden - von diesen Altersgruppierungen und Profilen ausgehen. Die Heterogenität der Lernvoraussetzungen innerhalb der Gruppen kann zu Schwierigkeiten bei gemeinsamen Arbeitsansätzen und Themen fhren. Andererseits liegen

in unterschiedlichen Sichtweisen bei offenen Aufgabenstellungen Mäglichkeiten, diese zusammenzufhren. Die Unterschiede innerhalb von Klassen, Jahrgangsstufen und Schlerpopulationen sollten deshalb konstruktiv genutzt und ber Differenzierungsmaánahmen bercksichtigt werden.

(3) Die Heterogenität schulischer Laufbahnen wird besonders deutlich am Beispiel der beruflichen Schulen mit ihren vielfältigen Bildungsgängen und Abschlssen. Es kommt hinzu, daá die Berufsschule wegen des Teilzeitunterrichts nur ber wenig Spielräume für die Einbeziehung zusätzlicher Arbeitsgebiete wie der Medienerziehung verfgt, obwohl in vielen Berufen die Nutzung elektronischer Medien zum Berufsalltag gehärt. Abgesehen von dieser für die Medienerziehung schwierigen Situation finden sich im beruflichen Bereich aber auch Bildungsgänge, in denen die Medienerziehung ein eigenes Fach oder einen fachlichen Schwerpunkt darstellt: z.B. bei der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern.

(4) Im Bildungssystem gibt es eine lange Tradition der Schriftkultur. In diesem Zusammenhang haben sich vom Buch ber Zeitung und Illustrierte bis zum Comic, aber auch im Bereich der audiovisuellen Medien, wichtige medienerzieherische Aktivitäten entwickelt. Diese gilt es gerade bei wachsendem Einfluá elektronischer Medien zu verstärken. Dabei geht es zugleich um eine Verbindung der verschiedenen Aktivitäten zur Medienerziehung, z.B. der Lesefärderung, der Fernseherziehung und der informationstechnischen Grundbildung.

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5. Medienerziehung als integrative Aufgabe

Medienerziehung in der Schule sollte insgesamt auf ein integratives Konzept ausgerichtet sein. Langfristig geht es in den Schulen darum, die medienerzieherischen Aktivitäten für die einzelnen Altersgruppen und Bildungsgänge sowie die Aktivitäten in den verschiedenen Fächern und Lernbereichen in einem Orientierungsrahmen der Medienerziehung aufeinander abzustimmen. Dabei sollten auch medienerzieherische Ansätze für unterschiedliche Medienarten, z.B. für Printmedien, audiovisuelle Medien und den Computer, miteinander verbunden werden. Die langfristige Perspektive eines integrativen Konzepts hält offen, daá medienerzieherische Fragen und Probleme zunächst von bestimmten Fachperspektiven aus sowie für einzelne Altersgruppen und Bildungsgänge angegangen werden. Dabei kännen

Leseerziehung, Fernseherziehung oder die informationstechnische Grundbildung den Ausgangspunkt bilden. Die Ausgestaltung einer integrativen Medienerziehung muá letztlich von der einzelnen Schule aus der jeweils gegebenen pädagogischen Situation heraus geleistet werden.

[Inhalt]

III. Aufgaben, Ziele und didaktische Grundsätze

In den Leitvorstellungen wurde der Rahmen für die Medienerziehung in der Schule abgesteckt. Im folgenden wird dargestellt, wie in der Unterrichtspraxis in immer stärkerem Maáe Elemente der Medienerziehung wirksam werden kännen.

Medienerziehung beginnt in der Schule berall dort, wo Unterrichtsgestaltung und Schulklima soziale Kompetenz färdern, Zusammenhänge erkennbar werden lassen und zugleich Zusammenhang stiften. Dabei sind folgende Grundgedanken wichtig:

- Die durch Medien stark erweiterten Mäglichkeiten für Information und Bildung mssen in der Schule als wichtiges Potential für unterrichtliche Arbeit und für auáerunterrichtliche Aktivitäten gezielter genutzt werden. Die Schule sollte dabei die oft zufällige, punktuelle und selektive Aufnahme von Medieninformationen und die daraus resultierende Unterschiedlichkeit des Vorwissens durch ein Aufarbeiten und Lernen in Zusammenhängen auszugleichen und mäglichst zu berwinden suchen.

- Primär rezeptive Formen der Aneignung von Informationen und Wissen, wie sie durch eine eher konsumptive Mediennutzung gefärdert werden, sollten im Unterricht nicht noch weiter verstärkt werden. Schlerinnen und Schler mssen vielmehr die Mäglichkeit haben, ber eigene Erfahrungen in eine kritische Haltung - auch gegenber den Medienangeboten - hineinzufinden und Vertrauen in die eigenen Gestaltungs- und Urteilskräfte auszubilden.

- Die nicht zuletzt von den Medien gefärderte Ausrichtung auf schnell wechselnde akustische und optische Reize hat zu veränderten Wahrnehmungsweisen bei vielen Kindern und Jugendlichen gefhrt. Schnelligkeit und Assoziationsver-

mägen drfen aber nicht allein bestimmendes Bildungsziel

sein. Erhalten bleiben und gefärdert werden muá die Fähig-

keit zu genauer und konzentrierter Wahrnehmung und zur Erschlieáung auch komplexer Zusammenhänge. Daher mssen in der Schule Lernsituationen geschaffen werden, die auch den äReiz der Langsamkeitä bewuát machen und es ermäglichen, Situationen zur Entfaltung kommen zu lassen und Sachverhalte differenziert wahrzunehmen, zu verstehen und zu analysieren.

- Wenn Kinder und Jugendliche aufgrund veränderter Bedingungen des Aufwachsens in soziale Isolation geraten und als Antwort darauf in die Medienrealität flchten, sollte Schule im Rahmen ihrer Mäglichkeiten Alternativen aufzeigen. Dem entspricht, daá immer mehr Schulen sich nicht nur als Unterrichts- und Lernort, sondern auch als Gestaltungs- und Lebensraum verstehen.

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1. Aufgabenbereiche und Zielsetzungen

Die medienerzieherische Arbeit in der Schule umfaát vor allem drei Aufgabenbereiche:

a) Nutzung von Medien und nichtmedialen Mäglichkeiten für unterschiedliche Aufgaben

Ziel ist die Kenntnis unterschiedlicher Medienangebote und nichtmedialer Mäglichkeiten sowie die Fähigkeit zu einer bewuáten Auswahl und Auswertung in den Bereichen

- Unterhaltung und Vergngen (z.B. Jugendzeitschriften und Theater, Fernsehserien und Kinderbcher, Filme und Spiele)

- Information (z.B. Nachrichten, Magazine, eigene Erkundungen, Datenbanken)

- Kommunikation (z.B. Gespräche und Briefe, Telefon, Mailbox und Computernetzwerke)

- Problemläsung und Bildung (z.B. Fachzeitschriften, projektorientiertes Arbeiten, Lehr- und Dokumentationsfilme, Computersimulation).

b) Einblick in Wirkungsweise und Produktionsbedingungen von Medien

Ziel ist es, eine Haltung kritischer Aufmerksamkeit gegenber der Beeinflussung von Wahrnehmen, Denken und Handeln zu entwickeln. Dazu gehären:

- das Aufarbeiten von Medienerlebnissen ber spielerisch-kreative Formen der Auseinandersetzung, z.B. die Verarbeitung von Eindrcken durch Zeichnen, Malen, Collagieren oder Nachspielen.

- das Aufarbeiten von Medienerlebnissen im Gespräch: Schlerinnen und Schler sollen sich zunächst auf einer eher subjektiv-spontanen Ebene dazu äuáern, welche Erfahrungen, Beobachtungen, Gefhle, Verhaltensweisen und Gewohnheiten sie mit ihrem Medienalltag verbinden. In solchen Gesprächen gewinnen sonst kaum beachtete Fragen, z.B. die des persänlichen Geschmacks sowie bestimmte Vorlieben oder Vorbehalte, und das Moment von ästhetischem Genuá an Bedeutung. Das gemeinsame Nacherleben kann auch die Verarbeitung von Žngsten und Aggressionen untersttzen und problematische Verhaltensorientierungen oder falsche Vorstellungen von Realität relativieren helfen.

- das Verstehen und Unterscheiden von Medienangeboten: Um Medienwirkungen in ihren Ursachen zu begreifen, mssen Kinder und Jugendliche die Vielfalt der Medien in ihrer

jeweils spezifischen Machart und ihren Ausdrucksmäglichkeiten kennenlernen. Sie sollen sich mit verschiedenen Programmarten (z.B. Magazin, Serie, Dokumentation) ebenso vertraut machen wie mit unterschiedlichen Präsentationsformen (z.B. Bild, Modell, Symbol).

- die Analyse und Bewertung von Medien aufgrund von Kenntnissen und Einsichten in institutionelle Bedingungen von Medienproduktion und -distribution: Eine kritische Analyse von Wirkungsabsichten und Einfluámäglichkeiten der Medien setzt Kenntnisse der institutionellen und äkonomischen Bedingungen der Medienproduktion sowie von Vertriebs- und Zugangsregelungen voraus. Bei der Auseinandersetzung mit der Bedeutung von Medien für die äffentliche Meinung sollten Schlerinnen und Schler auch sich selbst als Rezipienten distanzierter wahrnehmen und einschätzen lernen. Sie sollten erkennen, ob und wie Medienangebote auf ihre Bedrfnisse antworten und diese beeinflussen und welche Verhaltensorientierungen vermittelt werden.

c) Praktisch-gestalterische Medienarbeit

Ziel ist es, die persänlichen Ausdrucks- und Gestaltungsmäglichkeiten zu erweitern, die Fähigkeit zu genauer Wahrnehmung und zu sozial verantwortlichem Medienverhalten auszubilden.

Durch das Mitarbeiten an einer Schul- oder Stadtteilzeitung, Fotoausstellung, Tonbandreportage oder einem Videomagazin haben Kinder und Jugendliche die Mäglichkeit, ihre Vorstellungen mit Hilfe unterschiedlicher Medien zu artikulieren und sie - im Rahmen von schulischer oder regionaler (tm)ffentlichkeit - zu verbreiten. Sie erfahren, daá die in den Medien präsente Wirklichkeit immer eine ähergestellteä und damit subjektiv geprägte und interessengeleitete ist. Auf der spielerischen Ebene - z.B. im Herstellen eigener

Computerspiele - kann praktische Medienarbeit auch für den einzelnen die Funktion haben, von einer eher unreflektierten Form der Rezeption Abstand zu gewinnen.

Praktisch-gestalterische Medienarbeit ist in besonderem Maáe geeignet, Formen kooperativen Lernens zu färdern. So lernen die Schlerinnen und Schler in Gruppenarbeit, wie Medienprodukte in kleinen Teams entstehen und wie der einzelne auf die Mitarbeit der anderen angewiesen ist. Durch sinnvolle Arbeitsteilung entdecken sie die sonst in der Schule eventuell nicht beachteten besonderen Fähigkeiten und Fertigkeiten einzelner, wie z.B. schauspielerisches, technisches oder organisatorisches Talent.

[Inhalt]

2. Didaktische Grundsätze

Die didaktischen Grundsätze beziehen sich auf einen Unterricht, der die Medien und ihre Botschaften zum Gegenstand erfahrungsorientierter Auseinandersetzung, kritischer Analyse und eigenen Handelns macht. Aber auch dort, wo im Unterricht Medien als Mittel des Lehrens und Lernens eingesetzt werden, sollte die Befähigung zur bewuáten Nutzung selbstverständlich werden. Dies gilt insbesondere angesichts der zunehmenden Bedeutung von Datenbanken und Multimedia für organisiertes Lernen innerhalb und auáerhalb der Schule.

Insbesondere geht es um folgende didaktische Grundsätze:

(1) Medienerziehung in der Schule soll mäglichst im Kontext einer inhaltlichen Problemstellung erfolgen; so kännen am besten die Spezifika, Ausdrucksmäglichkeiten und Grenzen der verschiedenen Medien erkannt werden. Medienerziehung soll so angelegt sein, daá nicht nur fachbezogene Analysen und Auseinandersetzungen mäglich

werden. Vielmehr sollen die Probleme in ihrer Kom-

 

plexität aus verschiedenen Perspektiven erfaát werden. Dies wird oft zu fächerbergreifendem und projektorientiertem Vorgehen fhren.

(2) Medienerziehung muá die Fähigkeit zu aktiver und genauer Wahrnehmung färdern. Dazu gehärt die Bereitschaft, sich unvoreingenommen auf akustische und visuelle Eindrcke einzulassen, Gedanken und Interessen zu artikulieren, sich anregen zu lassen und das ästhetische Erleben der Medienrealität als Genuá zu erfahren.

(3) Medienerzieherische Projekte und Unterrichtseinheiten sollten exemplarisch angelegt sein. Dies gilt im Hinblick auf die verschiedenen Aufgabenbereiche der Medienerziehung, aber auch im Hinblick auf die unterschiedlichen Medien selbst. Nur ber eine exemplarische Arbeit kann die Vielfalt der medialen Gestaltungsmäglichkeiten und Aussageformen in den Blick gebracht werden. Es gibt Arbeitsschwerpunkte des Unterrichts, die einander ergänzen sollen: Phasen, die stärker an der eigenen Gestaltung und Produktion von Medien orientiert sind, solche, die vorwiegend auf Informationsverarbeitung und analytische Reflexion zielen, sowie Phasen, die ein intensives Erleben in den Mittelpunkt stellen.

(4) Medienproduktion in der Schule sollte nicht auf das bloáe äMachenä ausgerichtet sein. Produktive Entfaltung und eine bewuáte Auseinandersetzung sollten in-

einandergreifen. Produktionsaufgaben mssen offen sein für individuelle und unterschiedliche Formen des Ausdrucks, die Kinder und Jugendliche so ansprechen, daá es eine Herausforderung an die gewohnte Wahrnehmung und an die Entdeckungsfreude ist. Medienproduktion in

der Schule sollte auch die unterschiedlichen Stilmittel und Mäglichkeiten der technischen Umsetzung erfahrbar machen.

(5) Medienerziehung sollte den auáerschulischen Bereich und die (tm)ffentlichkeit einbeziehen. Das Umfeld der Schule gibt unterschiedliche, für die Medienerziehung authentische Arbeits- und Aufgabensituationen vor. Gespräche mit Vertretern von medienspezifisch arbeitenden Institutionen und die Zusammenarbeit mit Experten erleichtern den Erwerb des für die Produktion erforderlichen Know-hows.

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3. Altersgemäáe Schwerpunktsetzungen

Die beschriebenen Aufgaben und didaktischen Grundsätze werden im folgenden unter dem Aspekt altersspezifischer Erfahrungsvoraussetzungen akzentuiert.

Vorschulischer Bereich

Die erzieherische Arbeit in der Kindertagesstätte wird durch die Medienerlebnisse stark beeinfluát. Diese mssen von den Erzieherinnen und Erziehern aufgegriffen werden. Die Kinder sollen angeregt werden, das Gesehene und Gehärte für sich spielerisch neu zu gestalten und damit Blickfeld und Phantasie ber den Rahmen des Fernsehschirms hinaus zu erweitern; eine Wirklichkeitserschlieáung ber alle Sinne soll so gefärdert werden. Dieses Prinzip untersttzt die kindliche Entwicklung im Vorschulalter und schafft die Grundlage zur fortschreitend differenzierten Wahrnehmung und Deutung der Umwelt.

Der Kontakt zwischen den Erzieherinnen/Erziehern und den Eltern bzw. Bezugspersonen der Kinder sollte dazu genutzt werden, das eigene Medienverhalten und das der Kinder so- wie die gemeinsame medienerzieherische Verantwortung zu thematisieren und sinnvoll aufeinander abzustimmen. Daraus kännen sich gnstige Bedingungen auch für eine bessere Zu- sammenarbeit von Schule und Elternhaus entwickeln.

Primarbereich

Vor dem Hintergrund der schon vielfältigen, aber meist unreflektierten Nutzung von Medienangeboten sollte es im Grundschulalter zwischen den Kindern zunächst um den Austausch von eigenen Medienerfahrungen gehen. Dies kann Grundlage für ein bewuátes Auswahlverhalten sein. Dabei sollen Kinder angeregt werden, auf Medienangebote zuzugehen, die speziell für sie konzipiert sind.

Auf der Ebene einer Aufarbeitung von Medienerlebnissen und -wirkungen mssen Kinder im Grundschulalter Gelegenheit finden, ihre Gefhle und Vorstellungen in Worte zu fassen und durch spielerische Formen der Auseinandersetzung Abstand von Medienerlebnissen zu gewinnen. Dabei sollte es auch darum gehen, zwischen Fiktion und Wirklichkeit unterscheiden zu lernen.

Auf der Ebene der praktisch-gestalterischen Arbeit mit Medien kann Medienerziehung zunächst auf das Nachspielen vorgegebener Muster gerichtet sein. Auf der Basis eines spielerischen Umgangs mit Medienerfahrungen kann sich bei Kindern ein Bewuátsein für die Machart und Ausdrucksmäglichkeiten unterschiedlicher Medien bilden.

Sekundarbereich

Im Sekundarbereich läát sich die Fähigkeit zu einer bewuáten Auswahl von Medienangeboten und ihre reflektierte Nutzung unter Abwägung von Handlungsalternativen weiter entwickeln. Mit zunehmendem Alter wächst die Fähigkeit, mehrere Mäglichkeiten der Information, der Unterhaltung, der Kommunikation und des Lernens nach unterschiedlichen Kriterien zu vergleichen und zu bewerten.

Bei der Analyse und Bewertung von Medienwirkungen und ­einflssen lassen sich verschiedene Dimensionen verbinden. Zunächst wird das Produkt - vom Comic bis zum Werbespot, vom Videoclip bis zum Computerprogramm - mit seiner

Machart im Mittelpunkt stehen, um hier die Darstellung von Wirklichkeit als eine bild-, modell-, zeichen-, symbol- und ausschnitthafte zu erkennen. Dies kann am Interesse der Jugendlichen für technische und ästhetische Mäglichkeiten von Medien ansetzen. Mit der wachsenden Fähigkeit zur Selbstreflexion bietet sich die Mäglichkeit, die eigene Rezipientenrolle distanzierter einzuschätzen sowie gefhls-, einstellungs- und handlungsbezogene Einflsse der Medien zu erkennen.

Mit der Erweiterung der Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, wächst die Chance, Absichten, Ziele und Strategien der medienproduzierenden und der medienverbreitenden Institutionen in den Blick zu nehmen. So kännen in den Klassen 5 - 10 Einsichten in institutionelle Bedingungen von Medienproduktion und -verbreitung erarbeitet und Mäglichkeiten der Stellungnahme und Mitgestaltung, z.B. durch Leserbriefe, erprobt werden. Komplexere Formen der Analyse, in denen soziale, äkonomische und politische Faktoren im Zusammenhang gesehen und aufeinander bezogen werden, sollten ab den Jahrgangsstufen 9/10, schwerpunktmäáig aber in der gymnasialen Oberstufe und in den beruflichen Schulen angestrebt werden.

Der praktisch-gestalterischen Medienarbeit sollte im Sekundarbereich ein besonderes Gewicht zukommen, u.a. weil sie besondere Mäglichkeiten handlungsorientierten Lernens bietet. Sie läát sich in Form eigener Produkte wie Print-, Ton- oder Videodokumentation, Zeitung, Ton- oder Videomagazin, Härspiel oder Film sowie Computeranwendung gestalten.

Dabei kännen sich die eigenen Produktionen von realistisch-dokumentarischen zu stärker sozialkritischen Formen, von abbildenden zu stärker distanzierenden, verfremdenden und symbolisch und knstlerisch verdichteten Ausdrucksweisen entwickeln.

[Inhalt]

IV. Koordination und Kooperation

Der Ausbau der Medienpädagogik wird in den Schulen von zwei aufeinander bezogenen Arbeitsansätzen erfolgen:

- ber die immer stärkere Verwendung der Medien als Hilfsmittel der Unterrichtsgestaltung im Sinne der Mediendidaktik,

- durch die Medienerziehung als Befähigung zum kritisch-produktiven Umgang mit Medien und ihren Botschaften.

Die Schulen werden sich auf diese Aufgaben durch eine verstärkte innerschulische Koordination der medienpädagogischen Aktivitäten ebenso vorbereiten mssen wie durch eine systematische und koordinierte Zusammenarbeit mit auáerschulischen Partnern.

[Inhalt]

1. Innerschulische Koordination

Koordination und Kooperation in der Schule werden aufgrund der medienpädagogischen Aufgaben verstärkt werden mssen im Hinblick auf drei Folgen, die sich daraus ergeben:

- im Hinblick auf die Notwendigkeit, eine äkonomisch vertretbare Nutzung der erforderlichen Ausstattungen zu gewährleisten,

- im Hinblick auf die Rckbindung der medienpädagogischen Zielsetzungen und Arbeitsansätze an die allgemeine pädagogische Arbeit der Schule,

- im Hinblick auf veränderte Anforderungen an das Management in den Schulen.

Medienpädagogische Arbeit in der Schule ist - mindestens in Teilbereichen - wie die informations- und kommunikationstechnische Grundbildung an die Verfgbarkeit einer spezifischen Ausstattung gebunden. Angesichts der knappen Ressourcen der Schulträger und des Staates sind jedoch in den kommenden Jahren komplette Grundausstattungen in den verschiedenen Medienbereichen kaum zu erwarten. Hinzu kommt, daá im Medienbereich die schnelle technische Entwicklung zu einer raschen Veralterung der - aus Kostengrnden nicht kontinuierlich erneuerbaren - vorhandenen Grundausstattung fhren wird. Es wird geklärt werden mssen, welche Grundausstattungselemente ohne die Gefahr rascher Veralterung vorhanden sein sollten und wie die Verfgbarkeit der erforderlichen Ausstattung gesichert werden kann, ob durch ein Leihverfahren, durch Nutzung der speziellen Ausstattung von Schwerpunktschulen oder durch Kooperation mit auáerschulischen Partnern.

In der Medienpädagogik mssen fachunterrichtliche Aufgaben, fachbergreifende Arbeitsansätze und erzieherische Elemente zusammengefhrt werden. Medienpädagogik ist deshalb in der einzelnen Schule als eine allgemeine pädagogische, nicht als eine zusätzliche Aufgabe zu verstehen. Von dieser Zielsetzung her werden sich die innerschulische fachliche und erziehungsbezogene Diskussion und Kooperation verstärken mssen. Medienpädagogik sollte zu einem Bezugspunkt für die grundsätzliche Erärterung von Zielsetzungen und Mäglichkeiten der jeweiligen unterrichtlichen und erzieherischen Arbeit werden.

Auf das Schulmanagement werden mit der Medienerziehung neue Aufgaben zukommen. Sie ergeben sich aus der Veränderung der Unterrichtsorganisation zugunsten medienbezogener Arbeitsformen, aus der Weiterentwicklung der didaktischen Konzeption einer Schule und der Kooperation mit auáerschulischen Partnern. Die Vorbereitung auf solche längerfristig wirksamen Umstellungen bedarf innerhalb der Schule

einer intensiven Bewuátseins- und Meinungsbildung. Die notwendige Veränderung im Bereich des Schulmanagements sollte regional erprobt werden.

[Inhalt]

2. Kooperation zwischen Schule und auáerschulischen Partnern

Medienerziehung ist nicht an den Lernort Schule gebunden. Sie ist umfassende Hilfe zur Mediensozialisation, die von Familie, Schule und auáerschulischen Einrichtungen gleichermaáen und mäglichst aufeinander abgestimmt geleistet werden sollte.

Kommunale Bildstellen kännen als schul- und wohnortnahe Medienzentren in ihrer doppelten Zuständigkeit für staatliche, schulische und für kommunale Aufgaben mit der notwendigen Flexibilität und Offenheit zur Kooperation zwischen Schule und den Bereichen der Kinder- und Jugendarbeit sowie der Medienkulturarbeit beitragen. Sie kännen so Ansätze integrativer Medienarbeit entwickeln helfen, Netzwerkeffekte untersttzen und (tm)ffentlichkeit äorganisierenä, etwa durch Einbeziehung geeigneter Partner wie Einrichtungen der Sozial- und Jugendarbeit, mit kirchlichen Einrichtungen, Kultureinrichtungen, Volkshochschulen, Vereinen, Film- und Videoclubs und Bibliotheken. Neben den traditionellen Aufgaben der Bildstellen, wie Medienauswahl und -beschaffung, Medienverleih und -distribution, Beratung von Lehrern, Erziehern, Sozialpädagogen und anderen Multiplikatoren, Medienproduktion, medientechnischem Service und Medienkulturarbeit, werden zunehmend weitere Aufgaben wahrgenommen werden mssen, z.B. Fortbildungsangebote für Lehrer, Erzieher und Sozialpädagogen.

Die Stadt- und Kreisbildstellen sind in der Lage, das notwendige technische und fachliche Know-how zu bndeln und

es trotz der raschen Entwicklung zu aktualisieren. Es ist ein Ausstattungsstandard wnschenswert, der es ermäglicht,

die derzeit noch kostspielige Technik (etwa Videoschnittplätze) als stationäre und mobile Gerätekonfigurationen interessierten Nutzern zur Verfgung zu stellen und auf-

gabenbezogenes Spezialwissen und medienrelevante Fertigkeiten, z.B. Film- und Videodramaturgie, Arbeitstechniken für Aufnahme und Schnitt, zu vermitteln.

Ergänzend kann die Arbeit der Medienzentren durch die Einrichtung von Mediensttzpunkten im schulischen und auáerschulischen Bereich verstärkt werden. Durch besonders be- fähigte Lehrkräfte bzw. Sozialpädagogen kännen in diesen Sttzpunkten Voraussetzungen für eine medienbezogene Profilbildung geschaffen werden, etwa durch besondere Kurs- oder Projektangebote. Zugleich sollen die Sttzpunkte aber auch Kristallisationspunkte medienerzieherischer Aktivitäten umliegender Schulen und Freizeiteinrichtungen sein.

Die Landesbildstellen nehmen bergreifende und koordinierende Aufgaben wahr, z.B. im Bereich der Lehreraus- und ­fortbildung sowie der Anleitung des Personals der kommunalen Bildstellen. Sie organisieren den Erfahrungsaustausch, stellen Unterrichtshilfen und Materialien bereit und färdern landesweite Initiativen und Projekte. Spezielle, länderbergreifende und internationale Aufgaben, wie z.B. Produktion und Vertrieb von bildungs- und erziehungsrelevanten Medien, fallen in den Tätigkeitsbereich des FWU Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht. Darber hinaus sollten Serviceleistungen anderer Institute, z.B. das Informationssystem Medienpädagogik beim Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) und die Leistungen der pädagogischen Landesinstitute und Landesmedienanstalten verstärkt genutzt werden.

[Inhalt]

V. Qualifizierung der Lehrerinnen und Lehrer

Lehrerinnen und Lehrer erfahren immer mehr, daá ihren Schlerinnen und Schlern der Umgang mit elektronischen Medien vertrauter und selbstverständlicher ist als ihnen selbst. Sie sind gefordert, sich mit den Medienerfahrungen, die Kinder und Jugendliche in die Schule mitbringen, auseinanderzu- setzen.

Ziel der Lehreraus- und -fortbildung im Bereich der Medienerziehung ist es, Lehrerinnen und Lehrer in die Lage zu versetzen, Medienkompetenz zu erwerben, d.h. die Mäglichkeiten der neuen Techniken zu nutzen, und zugleich Verantwortung für die Erziehung zu einem sinnvollen Umgang mit den Medien zu bernehmen.

[Inhalt]

1. Die medienerzieherische Lernsituation

Die medienerzieherischen Aufgaben liegen gleichgewichtig im Fachlichen und im Erzieherischen. Lehrerinnen und Lehrer haben die Aufgabe des Vermittelns von Informationen, des Aufbaus von analytischen Fähigkeiten und eines kritischen Urteilsvermägens, aber auch des verständnisvollen Eingehens und der erzieherischen Einwirkung auf Verhalten und Wertbewuátsein. Sie sind dabei gefordert, sich selbst und ihr eigenes Medienurteil zurckzunehmen. Im Gespräch ber das Gelesene, Gesehene und Gehärte wird ein Gedankenaustausch mäglich, der zunehmend durch fachliche und medienspezifische Kenntnisse und Sichtweisen erweitert wird. Gesprächsfhrungskompetenz, Einfhlungsvermägen und die Fähigkeit zur Differenzierung gehären zu den wichtigsten Voraussetzungen für eine offene Auseinandersetzung mit den Mäglichkeiten und Wirkungen der Medien.

Anknpfend an die Interessen der Schlerinnen und Schler sollte es im Unterricht mäglich sein, von Themen, die mit Medienerlebnissen verknpft sind, auszugehen. Bestimmte Bereiche sind dafr besonders geeignet, weil Kinder und Jugendliche sie sehr schätzen, z.B. Jugendzeitschriften, Musikangebote, Fernsehserien oder Action-, Comic-, Kriminal- und Westernfilme. Angesichts der Tatsache, daá Kinder und Jugendliche in ihren Medienkonsum Horror- und Gewaltfilme einbeziehen, sollten Lehrer auch diese Thematik aufgreifen.

Wichtig ist es, daá in den Leitfächern für die Medienerziehung wie Deutsch, gesellschaftskundliche Fächer, Musik und Kunsterziehung mit anderen Fächern kooperiert wird. Besonders geeignet für solche Arbeitsansätze sind nach bisherigen Erfahrungen Projekttage und Projektwochen sowie die Vorbereitung auf die Teilnahme an Wettbewerben.

Neben der Aufgabe, von ihrem Fachbereich aus oder im Rahmen von Profilbildung Medienerziehung zu betreiben, sollen Lehrerinnen und Lehrer zusammen mit Schlerinnen und Schlern für ihre Schule Gesamtvorstellungen zur Medienarbeit entwickeln, die den besonderen Bedingungen der Schule gerecht werden. Dabei ist mäglichst auch die Zusammenarbeit mit Bildstellen, regionalen Medienzentren, Programmkinos, Filmhäusern oder -bros zu suchen. Wo dies mäglich ist, sollen Kontakte zu Institutionen hergestellt werden, die sich mit Medienproduktion beschäftigen, z.B. Privatstudios und äffentlich-rechtliche Sendeanstalten.

Eltern sollten durch die Schulen angeregt und eingeladen werden zu Gesprächen darber, wie Medienerziehung in der Familie erfolgen kann, welche gemeinsamen oder unterschiedlichen Vorstellungen und Mäglichkeiten der Medienerziehung in Schule und Elternhaus bestehen.

[Inhalt]

2. Kompetenzen für die schulische Medienerziehung

Aus der spezifischen Lernsituation heraus und zur Bewältigung der Aufgaben der Medienerziehung sind für Lehrerinnen und Lehrer einige grundlegende Kompetenzen erforderlich. Dazu gehären die Fähigkeiten,

- die Medienwelt von Kindern und Jugendlichen in ihrer Vielfalt erfassen zu kännen,

- Wege zu finden, um ber Gehärtes, Gelesenes und Gesehenes offen und kritisch zu sprechen,

- den eigenen Umgang mit Medien zu reflektieren,

- aktuelle Medienangebote, ihre Beschaffenheit, ihre Produktionsbedingungen und ihre Wirkungsmäglichkeiten analysieren zu kännen,

- handwerklich-technische Fähigkeiten zu entwickeln und mit Schlerinnen und Schlern Medienprodukte erarbeiten zu kännen,

- die wissenschaftliche und äffentliche Diskussion zur Mediennutzung und Medienwirkung systematisch zu verfolgen.

Auf dieser Grundlage sollen Lehrerinnen und Lehrer in die Lage versetzt werden, medienerzieherische Aktivitäten für Kinder und Jugendliche wirkungsvoll zu gestalten sowie dafr geeignete unterrichtliche und erzieherische Rahmenbedingungen in ihrer Schule zu schaffen.

[Inhalt]

3. Schwerpunkte der Lehrerausbildung

Medienerziehung in der Lehrerausbildung soll sicherstellen, daá alle Lehrerinnen und Lehrer im Laufe ihres Studi-

ums mit den wissenschaftlichen Grundlagen des Medienangebots, der Medienentwicklung und der Medienwirkung vertraut gemacht werden. Es ist daher wnschenswert, daá Medienerziehung integraler Bestandteil der erziehungswissenschaftlichen, pädagogischen und fachdidaktischen Lehrerausbildung wird.

a) Die erste Phase der Lehrerausbildung

Folgende inhaltliche Schwerpunkte sollten in das Studienangebot aufgenommen werden:

- das Kennenlernen der Medien mit ihren Gestaltungsmäglichkeiten sowie mit ihren Produktions- und Verbreitungsbedingungen,

- die Auseinandersetzung mit der historisch-gesellschaftlichen Entwicklung der Medien und - aufgrund der Ergebnisse der Medienforschung - mit ihren Wirkungs- und Rezeptionsweisen,

- die Erarbeitung von Aufgabenbereichen und Konzepten der Medienerziehung,

- die handwerklich-technische Ausbildung im Umgang mit elektronischen Medien,

- die Einfhrung in die didaktisch-methodischen Aspekte der Medienerziehung, z.B. durch die Analyse und Bewertung von Unterrichtsbeispielen.

Bestehen an den Hochschulen medienbezogene Studiengänge (z.B. im Rahmen des Magisterstudiums), so sollten Lehramtsstudentinnen und -studenten diese Angebote wahrnehmen kännen. Medieneinrichtungen, die Mäglichkeiten bieten, im Rahmen der Ausbildung praktisch zu arbeiten, sollten ausgebaut bzw. an den Hochschulen eingerichtet werden.

b) Die zweite Phase der Lehrerausbildung

In der zweiten Phase der Lehrerausbildung sollen erzieherische, fachdidaktische und fachbergreifende Arbeitsansätze im Mittelpunkt stehen. Es wird noch zu klären sein, welche Anteile der Medienerziehung obligatorisch sein mssen und wie diese durch fakultative Erweiterungsangebote zu vertiefen und differenzieren sind.

Fr die Zusammenarbeit mit den Studienseminaren bieten sich die Bildstellen an. Mägliche Organisationsformen der Arbeit sind z.B. Video-Workshops, medienpädagogische Tage und Veranstaltungen der Fachseminare.

[Inhalt]

4. Schwerpunkte der Lehrerfortbildung

Lehrerfortbildung ist angesichts der individuellen Voraussetzungen der Lehrerinnen und Lehrer dringlich und erfordert ein differenziertes, flexibles und vielfältiges Fortbildungsangebot. Die Veranstaltungen sollen sich an der aktuellen Bedarfslage der Medienerziehung und an den konzeptionellen Schwerpunkten der Medienerziehung für die erste und zweite Phase der Ausbildung orientieren; durch ergänzende Akzente entsteht so eine Gesamtsystematik der Lehrerbildung im Medienbereich.

Lehrer drften am ehesten zur Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen zu motivieren sein, wenn diese von inhaltlichen Schwerpunkten ihres Faches ausgehen. Es sollte ein Angebot aufgebaut werden, das schulbezogene Fortbildung und Beratung mit berschulischen regionalen Informations- und Qualifizierungsmäglichkeiten verbindet. Sie sollten in Kooperation mit äffentlichen und privaten Weiterbildungseinrichtungen geschaffen werden.

Vorrangig ist die Sensibilisierung für die gesellschaftliche und pädagogische Bedeutung der Medienentwicklung. Analysen des technischen Fortschritts im Medienangebot und die Erärterung der damit verbundenen Medieneinflsse und Medienwirkungen sollten zum Grundangebot der Fortbildung

gehären. Die Fortbildung darf sich nicht nur auf die Ausbildung von Anwendungskompetenz oder gar nur auf technisches Training beschränken, sondern muá zur Beurteilungs-, Gestaltungs- und Entscheidungskompetenz fhren.

In der schulbezogenen Fortbildung sollte zunächst behandelt werden,

- wie die Gesprächsoffenheit ber Mediennutzung und Medienerlebnisse zwischen Lehrern und Schlern gefärdert werden kann,

- wie die Einbeziehung der Medienerziehung in die pädagogische Arbeit der Schule gestaltet werden kann,

- wie die unterrichtliche und auáerunterrichtliche Umsetzung der praktischen Medienarbeit geleistet werden kann.

Als längerfristige Zielsetzung der Fortbildung sollte auf der Grundlage einer wissenschaftlichen Schwerpunktsetzung im Studium und der anwendungsbezogenen Ausbildung in der zweiten Ausbildungsphase das Hauptgewicht der Fortbildung darauf liegen, die Pädagoginnen und Pädagogen in die Lage zu versetzen, Rahmenbedingungen für die schulisch-praktische Arbeit zu schaffen, damit Medienerziehung entsprechend den aktuellen jeweiligen Bedingungen der einzelnen Schule gestaltet werden kann.

[Inhalt]

VI. Zusammenfassende Empfehlungen

Bildungspolitik und Bildungsplanung sind gefordert, angesichts der fachlichen und erzieherischen Auswirkungen von Medienverbreitung und Medieneinfluá, rasch und umfassend im Bereich der Schule zu reagieren und die Voraussetzungen für eine wirksame Medienerziehung zu verbessern. Es gilt,

- die elektronischen Medien für das schulische Lernen intensiver als bisher zu nutzen,

- Schlerinnen und Schler zum verantwortlichen und kreativen Umgang mit Medien zu befähigen,

- zugleich die kritische Auseinandersetzung mit den Medienbotschaften zu färdern.

Fr Aufbau und Weiterentwicklung der Medienerziehung ist es sinnvoll, von folgenden Leitvorstellungen auszugehen:

- Medienerziehung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die von der Schule aufgegriffen werden muá, aber nicht allein von ihr zu leisten ist. Daher ist vor allem die Zusammenarbeit mit den Eltern und auáerschulischen Einrichtungen anzustreben.

- Medienerziehung muá in das allgemeine unterrichtliche und erzieherische Handeln der Schule eingebettet sein.

- Ausgangspunkt der Medienerziehung soll der Mediennutzer, nicht die Vielfalt der einzelnen Medien sein.

- Medienerziehung soll vorrangig auf die Inhalte der Medien, weniger auf die technische Entwicklung gerichtet sein.

- Medienerziehung soll Medienkompetenz als Bestandteil allgemeiner und beruflicher Bildung vermitteln; damit soll schulische Medienerziehung dazu beitragen, in der Gesellschaft äMedienkulturä entfalten zu helfen.

- Die Erziehung zum Umgang mit Medien muá von folgenden Grundspannungen ausgehen, in denen Schlerinnen und Schler heute stehen:

o eine Ausweitung der wahrnehmbaren Welt einerseits und die Einschränkung der unmittelbaren Erfahrung von Realität andererseits;

o die Begegnung mit einer plural gestalteten Welt einerseits und die Gefahr der Orientierungslosigkeit andererseits;

o eine Konfrontation mit virtuellen Welten einerseits und die Gefahr einer Flucht in Scheinwelten andererseits.

Medienerziehung soll nicht zuletzt dazu beitragen, den spezifischen und nicht ersetzbaren Beitrag der Schule zu Bildung und Erziehung zur Geltung zu bringen.

Vor diesem Hintergrund sollten im Rahmen der jeweiligen Zuständigkeiten von Bund und Ländern die folgenden Maánahmen erwogen werden:

- Färderung von Modellversuchen, in denen für verschiedene Gruppen von Schlern und Auszubildenden unterschiedliche Konzepte der Medienerziehung erprobt und bewertet werden;

- Färderung von Vorhaben im Bereich der beruflichen Bildung mit dem Ziel, die Erfahrungen mit der Mediennutzung in der Berufswelt in Beziehung zu setzen zu den Medienerfahrungen des nicht beruflichen Alltags;

- Durchfhrung von Vorhaben, in denen die Nutzung elektronischer Medien für Selbstlernverfahren und -phasen sowie für individualisiertes Lernen auf unterschiedlichen Bildungsstufen erprobt wird;

- Färderung von Forschungsvorhaben, die sich mit der Wirkung elektronischer Medien auf das Lern- und Sozialverhalten befassen und die Wirkung medienpädagogischer Arbeit untersuchen;

- Dokumentation und planerische Auswertung von Erfahrungen anderer europäischer Länder bei der Gestaltung der Medienlandschaft und der Medienpädagogik;

- Auswertung von Erfahrungen mit Modell- und Forschungsvorhaben der Medienerziehung, auch als Grundlage einer mäglichen Fortschreibung des Orientierungsrahmens.

Die Länder sollten vorrangig wichtige Rahmenbedingungen für schulische Medienarbeit sichern:

- Entsprechende lehrplanmäáige Verankerungen sind Voraussetzung dafr, daá in den Schulen die Medienerziehung ein fester Bestandteil des Unterrichts und der allgemeinen Bildung wird. Ebenso notwendig sind Bereitstellung von Handreichungen und Informationsmaterialien sowie Dokumentation und Aufarbeitung von Erfahrungen schulpraktischer Medienarbeit.

- Beratung und Untersttzung der Schulen durch Schulaufsicht und Schulträger sind erforderlich, damit tragfähige Formen einer kontinuierlichen Zusammenarbeit der Schulen untereinander, mit auáerschulischen Einrichtungen und mit dem Elternhaus entwickelt werden kännen.

- Eine rasche Intensivierung der Lehrerfortbildung mit den Schwerpunkten äMedienerziehung als Element allgemeiner Bildungä, äMedienentwicklung und Medienwirkungä, äMedienanalyse und Medienkritikä und praktische Medienarbeit ist unerläálich für eine wirksame Medienpädagogik.

- Medienpädagogik sollte in allen Phasen der Lehrerausbildung als ein integraler Bestandteil verankert sein.

- Die innovative Modellversuchsarbeit von Schulen zur Erprobung neuer Arbeitsansätze ist erforderlich, um angesichts der dynamischen Entwicklungen im Medienbereich eine Erstarrung der Medienpädagogik in Routine- und Alltagspraxis vermeiden zu helfen.

Veräffentlichungen in der BLK-Reihe äMaterialien zur Bildungsplanung und zur Forschungsfärderungä*)

Lehrerbildung
(Heft 1, Bonn 1980)
Färderung ausländischer Kinder und Jugendlicher
2. Auflage - Aktualisierte Fassung -
(Heft 2, Bonn 1983, vergriffen)
Dokumentation der Abschlsse im Sekundarbereich II
(Heft 3, Bonn 1982)
Modellversuche zur Entwicklung neuer Beurteilungsverfahren Bericht ber eine Auswertung
(Heft 4, Bonn 1983, vergriffen)
Modellversuche zur Entwicklung und Erprobung von Profilen und Abschlssen im Sekundarbereich I und II
Bericht ber eine Auswertung
(Heft 5, Bonn 1983, vergriffen)
Ausgaben der Gebietskärperschaften für Bildung und Wissenschaft in den Jahren 1970 bis 1982
(Heft 6, Bonn 1983)
Evaluation von Modellversuchen
Bericht ber die OECD/CERI-Seminarreihe 1977 bis 1981
Bundesrepublik Deutschland, (tm)sterreich, Schweiz
(Heft 7, Bonn 1984)
Modellversuche zur Färderung und Eingliederung ausländischer Kinder und Jugendlicher in das Bildungssystem
Bericht ber eine Auswertung
(Heft 8, Bonn 1984)
Modellversuche im Elementarbereich
Bericht ber eine Auswertung
(Heft 9, Bonn 1984)
Modellversuche im Grundschulbereich
Bericht ber eine Auswertung
(Heft 10, Bonn 1984, vergriffen)
Modellversuche zur regionalen Entwicklungsplanung
Bericht ber eine Auswertung
(Heft 11, Bonn 1984, vergriffen)
Modellversuche zur Forschung in der Hochschule
Bericht ber eine Auswertung
(Heft 12, Bonn 1985, vergriffen)
Modellversuche im Bereich des Sports
Bericht ber eine Auswertung
(Heft 13, Bonn 1985, vergriffen)
Ausgaben der Gebietskärperschaften für Bildung und Wissenschaft in den Jahren 1970 bis 1985
(Heft 14, Bonn 1986)
Knftige Perspektiven von Absolventen der beruflichen Bildung im Beschäftigungssystem
(Heft 15, Bonn 1987, vergriffen)
Gesamtkonzept für die informationstechnische Bildung,
(Heft 16, Bonn 1987; in englisch Bonn 1989)
Aktualisierung der Dokumentation der Abschlsse im Sekundarbereich II
(Heft 17, Bonn 1988, vergriffen)
Gesamtbetrachtung zu den Beschäftigungsperspektiven von Absolventen des Bildungssystems
(Heft 18, Bonn 1989, vergriffen)
Färderung von Frauen im Bereich der Wissenschaft
(Heft 19, 2. Auflage 1991, Bonn, vergriffen)
Forschungsfärderung der EG - Gesprächsunterlage für die Teilnehmer des sechsten Forschungspolitischen Gesprächs der Kommission
(Heft 20, Bonn 1990, vergriffen)
Modellversuche zur Doppelqualifikation/Integration
Bericht ber eine Auswertung
(Heft 21, Bonn 1990, vergriffen)
Modellversuche zur Einrichtung von Graduiertenkollegs
Dokumentation der berregionalen Arbeitstagung
(Heft 22, Bonn 1990)
Langfristige Personalentwicklung im Schulbereich
(Heft 23, Bonn 1990)
Weiterbildung im Hochschulbereich
(Heft 24, Bonn 1990, vergriffen)
Dokumentation der Abschlsse im Sekundarbereich II
(Heft 25, Bonn 1991, vergriffen)
Funktionaler Analphabetismus in der Bundesrepublik Deutschland
(Heft 26, Bonn 1991)
Erziehung zu Eigeninitiative und Unternehmensgeist
Fachtagung in Potsdam
(Heft 27, Bonn 1992)
Zweiter Zwischenbericht ber den Stand der Umsetzung der Empfehlungen zur Studienzeitverkrzung
(Heft 28, Bonn 1992)
Modellversuche zum Färderungsbereich äBehinderte Kinder und Jugendlicheä
Bericht ber eine Auswertung
(Heft 29, Bonn 1992)
Entwicklungen und vordringliche Maánahmen in den Tageseinrichtungen für Kinder/Elementarbereich in den neuen Ländern
(Heft 30, Bonn 1993)
Entwicklung der Berufsausbildung in den neuen Ländern
(Heft 31, Bonn 1993)
Ausgewählte Aufgabenschwerpunkte bei der Entwicklung eines pluralen beruflichen Weiterbildungsangebots in den neuen Ländern
(Heft 32, Bonn 1993)
Wissenschaftliche Weiterbildung, insbesondere Nachqualifizierung, an den Hochschulen der neuen Länder und Weiterbildung in den Fächern Jura, Wirtschaftswissenschaften und Geisteswissenschaften an den Hochschulen der neuen Länder
(Heft 33, Bonn 1993)
Erster Zwischenbericht ber die Umsetzung der insbesondere Frauen färdernden Maánahmen im Zweiten Hochschulsonderprogramm (HSP II)
(Heft 34, Bonn 1993)
Modellversuche äNeue Informations- und Kommunikationstechniken in der Beruflichen Bildungä
Bericht ber eine Auswertung von Gerhard Faber und Franz-Josef Kaiser
(Heft 35, Bonn 1993)
Europäische Forschungs- und Technologiepolitik
Dokumentation zweier Fachgespräche
(Heft 36, Bonn 1993)
Differenzierung in der Berufsausbildung
(Heft 37, Bonn 1993)
Modellversuche zum Innovationstransfer in der Beruflichen Bildung in die neuen Länder
(Heft 38, Bonn 1993)
Zweiter Zwischenbericht ber die Umsetzung der insbesondere Frauen färdernden Maánahmen im Zweiten Hochschulsonderprogramm (HSP II) im Jahr 1992
(Heft 39, Bonn 1994, vergriffen)
Europäische Forschungs- und Technologiepolitik, Achtes Forschungspolitisches Gespräch der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsfärderung, Dokumentation
(Heft 40, Bonn 1994)
Stand und Perspektiven der Forschungsfärderung in den neuen Ländern, Neuntes Forschungspolitisches Gespräch der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsfärderung (BLK), Dokumentation,
(Heft 41, Bonn 1994
Gewalt in der Schule, Dokumentation der Fachtagung in Glienicke bei Berlin vom 24. - 26. März 1993
(Heft 42, Bonn 1994)
Prävention von Analphabetismus - Dokumentation der Fachtagung in Schwerin vom 1. - 3. September 1993
(Heft 43, Bonn 1994)
Medienerziehung in der Schule - Orientierungsrahmen
(Heft 44, Bonn 1995)
Beschäftigungsperspektiven der Absolventen des Bildungswesens - Analysen und Projektionen bis 2010 und Folgerungen für die Bildungspolitik -
(Heft 45, Bonn 1995)
Abschlsse im Sekundarbereich II - Dokumentation - Stand: 1.
August 1994
(Heft 46, Bonn 1995)

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