Ökologie und Gesellschaft: "Ecology
suggests a dynamic rather than a static science, something beyond the
descriptive that one might call predictive and even
therapeutic."1 Der Begriff "Ökologie", den
Ernst Haeckel[2] schon im Jahre 1866
einführte, stand einst für: "Wechselwirkungen zwischen den
Organismen und zwischen Organismen und Umwelt"3 und war
ausschließlich bezogen auf die Wissenschaft der Biologie, für die
Haeckel eine ganzheitlich-dynamische Betrachtungsweise vorschlug. Seine
Wortschöpfung hatte seit dieser Zeit aber eine Eigendynamik erfahren, ist
in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts zum Kultwort geworden und gab einer
neuen sozialen Bewegung, die allzu großen Veränderungen und der
Ausbeutung der Natur durch den Menschen entgegenwirken wollte, ihren Namen.[4] Im übertragenen Sinne fand der Begriff
"Ökologie" nun auch immer mehr in andere Lebensbereiche Einzug, wie z.B.
"Ökologie des Geistes"5, "Ökologie der
Beziehungen"6, "Ökologie des Verhaltens"7
und die "Ökologie der Gesellschaft"8. Schon immer wurde
diesem Begriff der Aspekt der Wechselwirkungen zugeordnet, das Wechselspiel von
Gleichgewicht, Verdrängung und Rückkopplung, das bei einer
prozeßhaften Betrachtungsweise bei fast allen Erscheinungen auf unserem
Planeten beobachtet werden kann. So bedeutet auch Ökologie die Betonung
von Gemeinsamkeiten, nicht Wachstum auf Kosten der anderen, Koevolution im
Gegensatz zu reiner Selbstverwirklichung[9] und
Kontakt statt Isolation. Entscheidend bei einer ökologischen
Betrachtungsweise ist die Hervorhebung des Kleinen, der Schwachen,
gegenüber dem Großen und Starken und bevorzugt als Modell die
Selbstorganisation[10] und Vernetzung[11]. Das Wechselspiel der Kräfte wird aber
nie wertneutral betrachtet werden können, sondern es "bevorzugt die
Spannung zwischen vielen gegenüber dem Druck einiger weniger, verteidigt
das Gleichbleibende und Schrumpfende gegenüber dem Wachsenden und sucht
damit die Vielfalt der kleinen und mittleren Erscheinungen vor der Einfalt des
Großen zu retten."[12] Auf dieser
Grundlage und der Weiterentwicklung muß eine handelnde ökologisch
orientierte Gesellschaft und insbesondere ihre Jugend gesehen werden, wenn auch
in den letzten Jahren sich hieraus neue soziale Bewegungen etablierten, die
auch besonders in den USA für Schlagzeilen sorgten. So hier der
Bioregionalismus, eine zukunftsträchtige Verquickung aus
Alternativ- und Ökologiebewegung, auf der Basis von Spiritualität,
Ökologie, Autonomieforderungen und teilweise radikalen politischen
Konzepten. Solche außerhalb der christlichen Kirchen wirkende neue
spirituelle Bewegungen mit regionalistischen Strömungen haben inzwischen
Auswirkungen auf Kanada, Australien und derweilen auf Europa. Selbst militante
Umweltschutzorganisationen wie z.B. Earth First in den USA erlangen auf
der politischen und ökonomischen Ebene immer mehr an Bedeutung.
Das Aufkommen sogenannter neuer "ökologischer Werte" darf heute als
Kohorteneffekt bezeichnet werden, da inzwischen nach der sogenannten
Grünen Bewegung eine neue "ökologisch gleichgesinnte
Generation" heranwächst und die Betrachtung individueller
Einstellungen und Lebensweisen nur im Hinblick auf die Ökologie von
Interesse erscheint. So mag es zu vertreten sein, analog der von
Inglehart[13] schon 1977 vollzogenen
Begriffserweiterung von "Materialismus" zum "Post-Materialismus",
auch den Begriff der "ökologischen Werthaltung/ Bewußtsein"
mit dem Begriff der "post-ökologischen Werthaltung/
Bewußtsein" zu erweitern. Mag das Präfix "Post" beim
Postmaterialismus im wesentlichen für Ablehnung der materialistischen
Werte bestimmter Gruppen stehen, so soll es bei der Post-Ökologie für
eine Weiterentwicklung und Bewußtseinsveränderung mit neuer
Zielorientierung verwendet werden. Weitreichendere Werte, als die von
Kmieciak[14] vorab zugrunde gelegten, wie
"Bedeutungsverlust traditioneller Berufs- und Leistungsorientierung",
"Veränderung von Erziehungsmaximen", "Veränderung von
Geschlechtsrollenbildern", "Bedeutungserhöhung der Umweltorientierung von
Jugendlichen" müssen daher dieser aus einem "neuen
Sozialisationstypus" bestehenden Gruppe zugesprochen werden. Die
Schwierigkeit, als post-ökologische Werte bezeichnete Einstellungen
und Verhaltensabsichten zu erkennen, ergibt sich jedoch schon aus der
Problematik, den Wertewandel zu beschreiben, also atypische Verhaltensweisen
von Menschen in typischen sozialen und natürlichen Umwelten empirisch zu
erfassen. Dieser Versuch sollte bei den teilnehmern des FöJ unternommen
werden.
Die Untersuchung über das Freiwillige ökologische Jahr[15] mag nicht nur deshalb für die
Jugendlichen mag eine notwendige Konsequenz schon aus der obigen
Begriffsableitung sein, sondern auch eine Herausforderung an unsere
Gesellschaft und die dafür Verantwortlichen.