Auch spielen Religion und Ethik eine äußerst wichtige Rolle bei der Rezeption von Werbung in einer fremden Kultur: in einem islamischen Land kann z. B. eine Fluggesellschaft nicht mit einer Bildanzeige werben, auf der eine freundlich lächelnde Stewardess Geschäftsleuten Sekt anbietet. Diese Anzeige verstößt gegen mindestens zwei Normen des Islams: die Rolle der Frau in dieser Gesellschaft und das Alkoholverbot. Andererseits haben multinationale Konzerne schon oft versucht, jahrhundertealte Traditionen zu verändern, um neue Absatzmärkte zu schaffen: so zum Beispiel wurden in Ländern der Dritten Welt amerikanische Konsumgüter wie Deo-Sprays, Zahnpasta und Müsli aggressiv vermarktet, die bis dato dort nicht bekannt gewesen waren. Einerseits kann dies zu einer Verbesserung der allgemeinen Hygiene und der Gesundheit der Bevölkerung beitragen, andererseits besteht die Gefahr einer colonisation of the mind, die zur Ersetzung der eigenen kulturellen Werte durch solche der westlichen Welt führt.6 Auch hier stellt sich die Frage nach der Ethik solcher Geschäftspraktiken, die von Werbung massiv unterstützt werden.

Kulturen unterscheiden sich voneinander aufgrund dominierender Wertvorstellungen sowie der Einstellung ihrer Vertreter zu Arbeit, Erfolg, Kleidung, Essen, Musik, Sexualverhalten und -ethik, sozialem Status, Ehrlichkeit, politischem Denken und Handeln und vielem mehr. All dies muß von der Werbung in Betracht gezogen werden, will sie effektiv sein. Auch spielt das allgemeine Bildungsniveau der Bevölkerung für Werbung insofern eine Rolle, daß es für die Zusammensetzung eines Marketing Mix ausschlaggebend ist. In Indien z. B., wo nur 33% der Bevölkerung lesen und schreiben können, wird im allgemeinen auf Wänden, Anschlagtafeln und im Kino geworben. In den USA dagegen ist die Zeitungswerbung die dominierende Form der Werbung. Zwischen den USA und Deutschland besteht hier kein wesentlicher Unterschied. In ihrer Appellfunktion muß Werbung im Ausland auch die Klassenstruktur der jeweiligen Gesellschaft in Betracht ziehen, da Konsumgüter oft zu Statussymbolen werden. Bei langlebigen technischen Produkten ist dies eher zweitrangig, hat aber immerhin eine gewisse Bedeutung. Auch haben Angehörige der upper class verschiedener Nationen mehr Gemeinsamkeiten miteinander als mit Angehörigen anderer Klassen im eigenen Land:

"Interestingly, there may be a shift in this pattern with the emergence of a global generation of youth with shared values and tastes." (Hiam + Schewe, 82)7

In der Computerwerbung spielt der Stand der Technik im jeweiligen Land eine Rolle: vom Bekanntheitsgrad einer bestimmten Technologie hängt es ab, wieviel Aufklärungsarbeit in der Werbung geleistet werden muß.

Auch die Geographie eines Landes spielt beim Produktmarketing eine Rolle: bei vielen Produkten muß die Verpackung auf das Klima des Landes zugeschnitten sein, um das Intaktbleiben der Ware zu sichern: für den Nahen Osten bestimmte PKWs müssen wegen des Wüstenklimas mit zusätzlichen Luftfiltern und Spezialkupplungen ausgerüstet sein. Bodenschätze und andere natürliche Ressourcen sind bestimmend für das Produktionspotential eines Landes: die USA können dank reicher Mineralvorkommen, zahlreicher schiffbarer Flüsse und klimatischer Vielfalt eine große Anzahl von Gütern produzieren und vertreiben. Dies hat zu einem hohen Lebensstandard bei relativer Unabhängigkeit von Import und Export geführt. Die Folge dieser Entwicklung ist ein weitverbreiteter Isolationismus in der amerikanischen Mentalität, der sich auf wirtschaftlicher Ebene z. B. darin bemerkbar macht, daß kaum ein kleiner oder mittlerer Unternehmer daran denkt, seine Produkte im Ausland zu verkaufen. Die meisten Unternehmen konzentrieren sich zuerst auf den Inlandsmarkt, der in der Tat riesig ist, und betrachten das Exportgeschäft eher als eine Art Abenteuer, bei dem bei sich verschlechternder Geschäftslage als erstes Kürzungen vorgenommen werden. In Deutschland hingegen zeigt man Weltoffenheit.

Für das Auslandsmarketing einer Firma sind Politik und Gesetzgebung des Gastlandes von höchster Bedeutung. Investitionspolitik der Regierung, Rückführung der Gewinne ins Ausland, Nationalisierung und Enteignung werden von der Regierung des Gastlandes bestimmt. Für die Werbung ist vor allem das juristische Umfeld des Gastlandes ausschlaggebend.

Das Verbot vergleichender Werbung in Deutschland ist wohl mit das wichtigste kulturspezifische Unterscheidungsmerkmal zur amerikanischen Werbung. Vergleichende Werbung wird in Deutschland vom Gesetzgeber als "gegen die guten Sitten verstoßend" empfunden und fällt deshalb unter das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), dessen Ziel die Verhinderung unlauterer (leistungsfremder) Wettbewerbsvorteile ist (vgl. Kaiser 1980, 42).

Auch in den USA galt vergleichende Werbung bis Mitte der 70er Jahre als riskant und geschmacklos. 1973 änderte die Federal Trade Commission (FTC) diesbezüglich ihre Haltung. Die Freigabe vergleichender Werbung wurde damit begründet, daß diese zu Verbesserung der Warenqualität, niedrigeren Preisen und einem Mehr an Verbraucherinformation führen würde. 1981 hob auch die National Association of Broadcasters die Beschränkung vergleichender Werbung in ihren Richtlinien auf, so daß heutzutage vergleichende Werbung in den USA sehr verbreitet ist (vgl. Hiam + Schewe 1992, 368). Trotz des gesetzlichen Verbots wird vergleichende Werbung auch in Deutschland kontrovers diskutiert. Während die Befürworter in vergleichenden Werbeaussagen eine Verbesserung der Markttransparenz für den Verbraucher sehen, wird von der Gegenseite mit der Gefahr einer "Überfütterung" der Verbraucher mit widersprüchlichen Informationen argumentiert, welche eher Verwirrung stifte (vgl. Kaiser 1980, 58ff). Die werbungtreibenden Unternehmen befürchten negative Auswirkungen auf das eigene Image durch die Herabwürdigung der Konkurrenz. Auch wird befürchtet, daß finanzstarke Unternehmen eher zu vergleichenden Werbeaussagen neigen könnten als kleinere und mittlere Konkurrenten. Hierin wird eine Kollision mit mittelstandspolitischen Zielvorstellungen gesehen.8 Andererseits zeigt die amerikanische Werbepraxis, daß oftmals gerade mittlere Unternehmen vergleichende Werbung praktizieren. Auch die Effizienz vergleichender Werbebotschaften ist noch umstritten, denn bisher vorliegende empirische Befunde sprechen gegen eine höhere Effizienz im Vergleich zu "normaler" Werbung. Im allgemeinen ist festzustellen, daß das deutsche Recht eine relativ große Zahl von Gesetzen und Verordnungen aufweist, die der Werbung Beschränkungen auferlegen, während in den USA Verstöße in der Werbung meist in gegenseitigem Einverständnis gelöst werden. Die Federal Trade Commission wird nur in letzter Instanz herangezogen (vgl. Kaiser 1980, 41).

Der Vergleich des Phänomens Werbung in der deutschen und der amerikanischen Kultur führt schon sehr bald zu dem Schluß, daß Werbung in den beiden Kulturen einen sehr unterschiedlichen Stellenwert hat. Darauf deutet schon allein die Häufigkeit hin, mit der man Werbung im Alltag begegnet. In den USA, dem "Land der unbegrenzten Möglichkeiten" und des laissez-faire-Kapitalismus, ist Werbung bedeutend häufiger und in aggressiverer Form als in Europa anzutreffen. Den New Yorker Broadway, Las Vegas, Reno, San Franciscos China Town könnte man sich nur schwer ohne Werbeplakate und Leuchtreklamen vorstellen. In der Auffassung vieler Europäer und auch Amerikaner gehört Werbung zum "American Way of Life". Fernsehsendungen, Spielfilme und sogar die Nachrichten werden alle 15 Minuten von Werbung unterbrochen, was für einen Europäer nur schwer zu akzeptieren ist. Manche Autoren behaupten sogar, daß die großen amerikanischen Fernsehsender das Programm ganz auf die Werbung zuschneiden, so daß heitere, leicht verdauliche Sendungen mit wenig Lehrcharakter überwiegen9, denn ernste, pessimistische Themen verderben die Lust am Konsum. Mutmaßungen über eine historische Erklärung des Phänomens Werbung bringen zum Ausdruck, daß auf irgendeine Art und Weise der amerikanische Nationalcharakter und seine ökonomische Kulturgeschichte zusammenhängen müssen. (Vgl. a. Spitzer 1975.) In der Tat sind in den USA der kommerzielle und der kulturelle Bereich sehr eng miteinander verknüpft: viele Universitätsprofessoren sind auch in der Wirtschaft aktiv, einer der ersten Werbetexter - Artemus Ward um 1900 - war gleichzeitig ein anerkannter Philosoph (vgl. Dunn 1969, 25). Der amerikanische Santa Claus im roten Anzug, Zipfelmütze, weißem Bart und roten Bäckchen entstammt der Coca-Cola-Werbung.

In der Bundesrepublik, dem "Land der Dichter und Denker" dagegen sind Kultur und Kommerz kaum zu vereinbaren: die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten haben eine kulturell-erzieherische Mission, Werbung wird zum Schutz der Konsumenten mit einem dichten Netz von Gesetzen in Grenzen gehalten, und viele empfinden Werbung als störend und gegen den guten Geschmack verstoßend. Man hat in Deutschland, wie wir meinen, ein eher gespaltenes Verhältnis zu Werbung: einerseits ist sie ökonomisch notwendig, andererseits wird sie als "unmoralisch" abgelehnt.

Der Unterschied zwischen den USA und Deutschland, was Präsenz und Aufnahme der Werbung betrifft, ist sowohl durch wirtschaftliche als auch kulturelle Faktoren bedingt. Die konstituierenden Elemente einer Kultur sind Wissen, Stand der Technik, Überzeugungen, Wertvorstellungen, Normen und Sprache. (Williams 1966: 22).10

Im folgenden werden wir uns auf die Aufzählung einiger Werttendenzen eingehen, die in der Werbung angesprochen werden können, und den Stellenwert skizzieren, den jene Werte in der amerikanischen, b.z.w. bundesdeutschen Gesellschaft genießen.

"First, American culture is marked by a central stress upon personal achievement, especially secular occupational achievement. The "success story" and the respect accorded to the self-made man are distinctly American, if anything is." (Williams 1966:417)

Abraham Lincoln, der es vom einfachen Arbeiter zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gebracht hat, ist so eine "success story". Da Erfolg eng mit der Geschäftswelt verknüpft ist, ist der erfolgreiche Geschäftsmann jemand der hohes gesellschaftliches Ansehen genießt.11 Williams unterscheidet zwischen den Begriffen achievement und success:

"Whereas achievement refers to valued accomplishments, success lays the emphasis upon rewards." (ibid:419)

d.h. man ist eher geneigt den Erfolg, der sich bezahlt macht, zu honorieren, als eine "brotlose Kunst". Aus diesem Grund genießen z.B. Lehrer und Universitätsprofessoren ein geringeres Ansehen in der Gesellschaft als ihre deutschen Kollegen. In Deutschland dagegen steht der Lehrerberuf auf Rang drei der beruflichen Prestigeskala

Wettbewerb ist die dritte Größe, die einen sehr hohen Rang auf der

amerikanischen Werteskala einnimmt. "the American Way - separating winners from losers in head to head competition", wobei gilt: "the winner takes it all". Erster zu sein bedeutet alles, während der Zweite im Rennen kaum noch Beachtung findet. Allerdings kommt dem fair play im Wettbewerb eine wichtige Rolle zu, denn nur Erfolg in einem ethischen Rahmen zählt. Damit wird u.a. auch die große Beliebtheit des Sports in der Amerikanischen Gesellschaft begründet. Diesen 'Sportgeist' findet man auch in der amerikanischen Unternehmenskultur wieder:

"Der Sportgeist kommt da viel deutlicher heraus, als bei uns. Konflikte werden wie ein Wettkampf ausgetragen, nach fairen Regeln. Das hat auch ein Stück weit den Charakter von Spiel. Während Deutsche eher verbissen sind, betreiben amerikanische Manager Konfliktmanagment als rhetorisches Ringen. Sie können über ihre Auseinandersetzungen lachen, sich davon distanzieren. Bei uns findet eher Anerkennung, wer sich enganiert und Engagement bedeutet Emotionalität. Einem Deutschen muß man am Gesicht ansehen, wie ernsthaft er ist." (Handelsblatt, Junge Karriere, SS 1992)

Der Topos Wettbewerb/Sport kommt in der amerikanischen Microsoft-Werbung sehr klar zum Ausdruck.12

Ein weiterer Trend in der amerikanische Werteorientierung besteht, so Williams, in der positiven Bewertung des Großen, der Expansion. "The bigger, the better" bedeutet ein Mehr am Positivem. In der amerikanischen Geschichte haben Bevölkerungswachstum und territoriale Expansion schließlich den Allgemeinen Wohlstand vermehrt. Heutzutage befindet sich die "new frontier", die es zu erobern gilt, in der Welt der Technologie und des Weltraums.

"Unquestionably, we are dealing here with a culture that values action and the mastery of the physical world." (Williams 1966:421)

"In the United States is to be found what is almost the ideal type of a culture that stresses activity; it is no accident that the business so characteristic of the culture can also be spelled 'busyness' (...) America is the land of haste and bustle, of strenuous competition, of 'ceaseless activity and agitation'." (ibid: 422)

Sowohl in der deutschen, als auch in der amerikanischen Kultur nimmt Arbeit einen hohen Stellenwert ein. Doch gibt es einige Unterschiede in der Betrachtung. Schon in der Pionierzeit galt in den U.S.A.das Prizip, "He who does not work, shall not eat.", weil das Überleben der Gruppe von der Arbeit des Einzelnen abhing. Hinzu kam noch die Aussicht der reichen Belohnung, die man sich im 'Land der unbegrenzten Möglichkeiten' erarbeiten konnte. Das Fehlen einer Aristokratie, deren Lebensstil den Genuß von Freizeit demonstrierte und physische Arbeit mit Geringschätzung bedachte, leistete ebenfalls seinen Beitrag zum hohen Ansehen der Arbeit in der amerikanischen Gesellschaft. Für analytisches Denken und philosophisches Betrachten der Welt blieb in den Anfängen amerikanischer Geschichte nur wenig Zeit. Dank puritanischer Arbeitsmoral wurde Arbeit zum Selbstzweck, bei dem 'teamwork' und die Rolle des Managers eine große Bedeutung hat. Diese Tendenz besteht auch heute noch in der amerikanischen Geschäftswelt,13 was in der Begegnung mit der deutschen oft kulturell bedingte Mißverständnisse zur Folge hat:

"Das Volk der Dichter und Denker und das der unbegrenzten Möglichmacher haben es nicht leicht miteinander.(...) 'Wir Deutschen denken eher problemorientiert, in Abteilungen und Begründungen. Für Amerikaner ist das zu umständlich, zu grüblerisch, zu wenig pragmatisch. Wir liefern zum Teil die falschen Argumentation, die falsche Rhetorik. Umgekehrt empfindem wir die Amerikaner als oberflächlich'."14

In Deutschland wird Arbeit sehr ernst genommen, genauso wird aber auch auf dem Recht auf Freizeit bestanden, das dank der Aktivität der Gewerkschaften sehr effizient durchgesetzt wird. Von der Freizeit, die deutsche Arbeitnehmer genießen, könner ihre Kollegen in der ganzen Welt nur träumen.15 In Amerika muß nämlich, wer Erfolg haben will, im Durchschnitt 60 bis 80 Stunden pro Woche arbeiten.16 Dies ist auf mangelnde gewerkschaftliche Aktivität, praktisch nicht vorhandenem Kündigungsschutz, an den Arbeitgeber gebundene Krankenversicherung u.s.w. zurückzuführen. Viele Amerikaner blicken daher verständnislos und vieleicht nicht ohne Neid auf die Verhältnisse in Deutschland; bei einer Diskussion dieses Themas argumentieren jedoch die meisten aus der Sicht des Arbeitgebers - daß das Unternehmen sonst nicht existieren könnte.

Williams führt Effizienz (efficiency) und Praktisches Denken (practicality) als eine weitere dominierende Wertvorstellung in dere amerikanischen Kultur an.

"Efficient is a word of high praise in a society that has long emphasized adaptability, technological innovation, economic expansion, up-to-dateness, practicality, expediency, 'getting things done'" (Williams 1966:428).

Diese Wertorientierung steht im Gegensatz zu einer vorwiegenden Beschäftigung mit ästhetischen und intellektuellen Belangen, Glorifizierung der Vergangenheit, Askese, Philosophie und Pessimismus. Der geringe Stellenwert von Geschichte und Tradition in der amerikanischen Kultur wird auch durch Henry Fords Auspruch deutlich: "History is bunk." (Williams 1966:430) Auch David Ogilvy schreibt, daß das Ansprechen geschichtlicher Themen in der Werbung die meisten Amerikaner langweile. (Ogilvy, 1983:78)

In Europa legt man dagegen sehr viel Wert auf Tradition und Geschichte - man vertritt die Auffassung "Was alt ist, ist auch gut" - daß von den Werbenden oft versucht, wird, ihr Produkt als Fortsetzung einer Tradition vorzustellen. Dies ist unserer Meinung nach auf den Gegensatz "alte" und "junge" Kultur zurückzuführen: in Europa und in allen anderen "alten" Kulturen wächst das Individuum in der Geschichte und Tradition seines Volkes verwurzelt auf und sieht sich gewissermaßen als dessen Kontinuität. In Amerika ist dagegen eine gewisse Entwurzelung, 'a lack of groundedness' feststellbar, die sich oft darin äußert, daß das Individuum versucht, "künstliche Wurzeln" zu schaffen indem es z.B. einer Kirche beitritt. Darauf ist, wie wir meinen, auch der große Einfluß der verschiedenen Kirchen in den USA zurückzuführen.

Ein anderes Unterscheidungsmerkmal der Amerikanischen Kultur zur 'Alten Welt' besteht in einem ungegrochenen Fortschrittsglauben und Optimismus der Amerikaner.

"Americans have felt their present to be better than their past and have felt adequate to deal with a future that will be still better." (ibid.:432)

Dagegen dominiert in der deutschen Kultur oft ein Pessimismus, der sich auf einen ebenfalls teutonischen Perfektionismus gründet.

"The Germans are aware of the world - and frustrated about its defects. Seeking high standards, they are impatient, if these are not met. In today's Germany, material needs are sated; wealth and leisure proviode time and opportunity to dwell on life's imperfections." (Marsh 1990: 148)

Typisch für die deutsche Mentalität scheint ein bestimmtes Maß an Skepsis und Unzufriedenheit mit der Realität zu sein,17 das mit einer Idealvorstellung von Glück koexistiert, ein Zustand den man durch ehrgeiziges Streben zu erreichen versucht. Goethe hat dieses Streben des germanischen Menschen in seinem Faust personifiziert und verewigt.

Diese Problemorientiertheit in der deutschen Mentalität wird, wie wir weiter ausführen werden, in der Werbung ebenfalls angesprochen.

Nationalismus und Patriotismus sind zwei weitere Wertkathegorien, durch die sich die beiden Kulturen Deutschland und Amerika wesentlich voneinander unterscheiden. In Deutschland sind diese Themenbereiche aufgrund geschichtlicher Erfahrungen in der Werbung nicht ansprechbar, weil der Konsument keine angenehmen Dinge damit konnotieren würde; man würde wahrscheinlich auf Apelle an Partiotismus und nationale Gefühle nur mit Skepsis oder negativ reagieren. Ein anderer damit verbundener Bedeutungsbereich ist das Militär. Vielmehr wendet man sich Internationalem zu, wie z.B. der Schaffung eines vereinten Europas.

"But American nationalism, like the religions that have contributed so heavily to the culture, involves the idea, that the American way of life is so morally superior, that it should be widely adopted elsewhere." (Williams 1966: 459)

Deshalb wird an diese Gefühle auch in der Werbung appelliert.

Amerikanischer Nationalismus bedeutet auch eine Abwendung von der Alten Welt, mit der viele Amerikaner bis in die 50er Jahre dieses Jahrhunderts Krieg, Verfolgung und Rassenhaß nicht zu Unrecht verbinden. Diese Abwendung von Europa hat auch die in Amerika seit Anfang des 19. Jahrhunderts existierenden isolationistischen Tendenzen bestärkt. Isolationismus ist für Amerika seit dem 2. Weltkrieg faktisch nicht mehr möglich, aber diese Tendenzen bestehen in der Mentalität weiter.

Internationalismus ist daher ein Thema, das wenig Resonanz in der amerikanischen Öffentlichkeit findet.18 Dazu tragen auch die Medien bei, die nur sehr spärlich über das Weltgeschehen berichten. So ist auch in sämtlichen von uns untersuchten Werbeanzeigen (1983-1992) kein einziger Hinweis auf die internationale Verwendung von Word zu finden. Dagegen prägte schon Goethe den Begriff Weltbürger als klassisches Humanitätsideal.

Marsh sieht ein anderes Merkmal des deutschen Charakters in der "Wanderlust"19 begründet:

"The Germans' travel enthusiasm is an expression of national character, befitting a people whose borders have never been fixed. The English have always been shopkeepers; the Germans are given to roaming. Goethe believed that, 'Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen.' According to the 19th-century poet Gustav Freytag, 'The German love for wandering ultimately expresses the search for an ideal country'." (Marsh 1990:152)

Marsh beobachtet eine sehr tiefliegende Auffassung bei den Deutschen, ihr Glück in der Ferne zu suchen. Er bemerkt auch, daß der Begriff 'Fernweh' als Antonym zu 'Heimweh' nur im Deutschen gefunden werden kann.

Im Gegensatz dazu steht das deutsche Sicherheitsbedürfnis, das, wie Marsh mutmaßt, wohl mit dem Bedürfnis zusammenhängt, ihren Alltag unter Kontrolle zu haben und ihr Leben vorausplanen zu können. So sind Organisation, Ordnung und Regeln ein bedeutsamer Bestandteil der deutschen Kultur.

Mit dem Sicherheitsbedürfnis gekoppelt ist auch die Angst vor Katastrophen, die von deutschen Publikumszeitschriften wie z.B. dem Stern und dem Spiegel geschürt wird, die oft ein düsteres Bild von der Zukunft zeichnen.

Bildung, Wissen und Kompetenz haben in der deutschen Kultur einen hohen Stellenwert, was besonders für Allgemeinbildung gilt. Hier setzt sich die Tradition des Bildungsbürgertums des 19. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum bis zum heutigen Tage fort. Desgleichen wird auch der Lehrer als Autoritätsperson respektiert, denn Respekt vor Autoritäten und Titeln ist in der deutschen Kultur weit verbreitet. So erscheint die Figur des Lehrers auch in der deutschen Microsoft Werbung (Manager Magazin, 12. 1986:58/59)Nach dem 2. Weltkrieg hat sich jedoch auch eine gewisse Skepsis Autoritäten gegenüber breitgemacht.

Deutscher Humor ist international sehr umstritten - viele behaupten, er existiere gar nicht. David Marsh bemerkt dazu:

"The Germans have plenty of humour, but go in for organized burlesque, rather than spontaneous levity. Leaning to Schadenfreude, the Germans like to home in on a target; they seldom have enough self-confidence to laugh at themselves, something which comes naturally - perhaps, too naturally - to the English." (Marsh 1990:164)

Im Gegensatz zu den Engländern und den Amerikanern ist Humor, so Marsh, nicht ein Teil des Alltags, sondern bleibt auf bestimmte Gelegenheiten beschränkt. So hat Humor generell nichts in wissenschaftlichen Arbeiten und Reden zu suchen, da der Autor sonst Gefahr liefe, als unseriös zu gelten.

Die Firma Microsoft wurde 1975 von Bill Gates, dem jetzigen Inhaber, gegründet. In den 17 Jahren ihres Bestehens hat sich das Unternehmen zu einem der bedeutendsten und einflußreichsten in der Computerbranche entwickelt. Gates ist heute mit rund 7 Mrd. US-Dollar Privatvermögen der reichste Mann Amerikas. Der erste Erfolg der Firma war MS DOS, das Betriebssystem, das von IBM für seine ersten Personal Computer ausgewählt wurde und zum Standard der Industrie wurde. Microsoft produzierte zuerst Software (z. B. WORD und EXCELL) für den Apple Macintosh Computer, der durch seine graphische Schnittstelle bedeutend einfacher zu bedienen war als der IBM PC, für dessen Bedienung man unzählige abstrakte Befehle lernen mußte. Der IBM PC war jedoch in Amerika viel weitläufiger benutzt worden als der Apple Macintosh und hatte sich gewissermaßen zum Standard der Industrie entwickelt. Durch die Einführung von Windows 1985 verlieh Microsoft auch dem PC die bedienungsfreundliche graphische Benutzeroberfläche. Dies kostete Apple erhebliche Marktanteile, und so zog Apple 1988 gegen Microsoft wegen Patentverletzung vor Gericht.20 Auch während des Verfahrens wurde Windows verbessert und weiterentwickelt, so daß die Version 3.0 im Jahr 1990 einen durchschlagenden Erfolg verzeichnen konnte - von Business Week zum besten Produkt des Jahres gekürt.

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